Athen/Berlin. Nothilfe bewilligt, aber Spanien fürchtet die “Griechen-Grippe“. Schwere Vorwürfe gegen Merkel und Schäuble. Der Live-Blog.

Wenige Stunden vor der Abstimmung im Bundestag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Unionsfraktion für die Pläne der EU-Länder zu den Hilfen für Griechenland geworben. Athen müsse harte Spar- und Reformauflagen durchsetzen, sagte die Kanzlerin am Donnerstagabend. Das Parlament in Athen hat derweil eine wichtige Hürde auf dem Weg zu Verhandlungen mit den Europartnern über ein drittes Hilfspaket aus dem Weg geräumt. Die Abgeordneten stimmten mit klarer Mehrheit für erste Spar- und Reformmaßnahmen, die die Kreditgeber zur Bedingung für Gespräche über neue finanzielle Unterstützung in Milliardenhöhe gemacht hatten. Und nun steht offenbar auch die sogenannte Brückenfinanzierung. Bald könnten die Banken wieder öffnen. Verfolgen Sie den Live-Blog bei abendblatt.de.

Grexit auf Zeit? Ein Deal ist ein Deal!

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hat ein Ende der Debatte über einen Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion gefordert. Ohne Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) namentlich zu nennen, sagte Dijsselbloem am Rande einer Sondersitzung der SPD-Fraktion, es gebe eine Vereinbarung. Und daran müssten sich alle Beteiligten halten. „Wenn du einen Deal hast, hast du einen Deal.“ Schäuble hatte am Donnerstag erneut einen zeitweisen Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone ins Spiel gebracht.

Merkel muss die eigene Fraktion überzeugen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Unionsfraktion um Zustimmung für Verhandlungen über ein drittes Griechenland-Paket geworben. In einer Sondersitzung der CDU- und CSU-Abgeordneten am Donnerstagabend zeigte sich Merkel nach Teilnehmerangaben fest überzeugt, dass das nun der richtige Weg im Bemühen um die Rettung Athens vor der Staatspleite sei. Sie betonte, so harte Auflagen für ein Spar- und Reformprogramm habe es noch nicht gegeben, aber es gehe auch um große Summen. Griechenland kann bis zu 86 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren bekommen.

Der Unmut in der Unionsfraktion ist groß. Ein großer Teil will bei der Sondersitzung des Bundestags am Freitag nicht für Verhandlungen über neue Finanzhilfen für Griechenland stimmen. 48 Abgeordnete kündigten in einer Sondersitzung der Fraktion am Donnerstagabend ein Nein an, drei enthielten sich. Die Fraktion hat 311 der 631 Sitze.

Die SPD will weitgehend geschlossen für Gespräche über ein drittes Griechenland-Hilfspaket mit einer Laufzeit von drei Jahren stimmen, bei der oppositionellen Linken zeichnet sich ein mehrheitliches Nein ab. Bei den Grünen werden vor allem viele Ja-Stimmen und Enthaltungen erwartet. Nach Abschluss der Verhandlungen müssen die Abgeordneten des Bundestags erneut entscheiden, bevor das Hilfspaket in Kraft treten kann. Das dürfte frühestens in vier Wochen der Fall sein.

Deutsche Risiken der Brückenfinanzierung bei 532 Millionen Euro

Der "Haircut" fällt aus: Griechenland kann trotz erdrückender Schulden mit keinem weiteren Erlass durch die Euro-Partner rechnen. Zwar bestehen aus Sicht der Geldgeber „ernste Bedenken“ hinsichtlich der Tragfähigkeit der griechischen Schulden. Ein nominaler Schuldenschnitt bleibe aber ausgeschlossen. Das geht aus einem Schreiben von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an den Bundestag hervor, in dem er Zustimmung zu Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket und eine Zwischenfinanzierung für Griechenland beantragt. Bei der kurzfristigen Brückenfinanzierung für Griechenland ist Deutschland zunächst mit mehr als einer halben Milliarde Euro als Risikoabsicherung im Boot. Dem Antrag zufolge würde Deutschland seinen nicht verwendeten anteiligen Zentralbankgewinn der Euro-Länder von 532 Millionen Euro beisteuern.

DAX legt siebten Tag in Folge zu

Entspannungssignale in der Griechenland-Krise haben am Donnerstag die Kauflaune der Anleger weiter angetrieben. Zunächst gab das Ja des griechischen Parlaments zu den Reformauflagen der Gläubiger dem DAX positive Impulse. Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Notkredite für griechische Banken anzuheben, schob den Leitindex zusätzlich an. Auch wenn der Dax von seinem Tageshoch bei 11.787 Punkten wieder etwas zurücksetzte, reichte es am Handelsende für ein kräftiges Plus von 1,53 Prozent auf 11.716,76 Punkte. Es war zugleich der siebte Gewinntag in Folge. Seit seinem Juni-Tief von Mitte vergangener Woche hat der DAX nun schon wieder rund 1000 Punkte gutgemacht.

Gysi: Merkel hat schwersten Fehler ihrer Laufbahn begangen

Die Linke im Bundestag wird nach den Worten von Fraktionschef Gregor Gysi Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm für Griechenland ablehnen. „Ich glaube, dass die große Mehrheit ganz klar mit Nein stimmen wird“, sagte Gysi. Er sagte: Säße er im griechischen Parlament, hätte er schweren Herzens zugestimmt, um einen Niedergang des Landes zu verhindern. Scharf kritisierte er aber die harten Bedingungen für das Land, das Vorgehen der Bundesregierung und vor allem das Agieren von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), nachdem dieser den zeitweisen Euro-Austritt des Krisenlands ins Spiel gebracht hatte. „Ich bin von Wolfgang Schäuble persönlich enttäuscht“, sagte Gysi. Schäuble, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hätten den schwersten politischen Fehler ihrer Laufbahn begangen.

Banken am Montag wieder offen?

Die Banken in Griechenland könnten am kommenden Montag wieder öffnen. Allerdings dürften weiterhin viele Kapitalverkehrskontrollen in Kraft bleiben, berichtete das griechische Staatsradio unter Berufung auf Bankenkreise. Gegenwärtig können die Griechen pro Tag höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.

Spanien fürchtet griechische Verhältnisse

In Europa geht die Angst vor der Griechen-Grippe um: So behauptet der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy, seinem Land drohe bei einem Wahlsieg der Linkspartei Podemos (Wir können) ein ähnliches Schicksal wie Griechenland. Er vertraue darauf, dass er so etwas nicht miterleben müsse, sagte der konservative Regierungschef bei einem Treffen mit seiner polnischen Kollegin Ewa Kopacz in Madrid. Griechenland sei vor dem Amtsantritt der Linksregierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras für 2015 ein wirtschaftliches Wachstum von über zwei Prozent prognostiziert worden. Nun gehe man davon aus, dass die Wirtschaft um zwei bis vier Prozent schrumpfen werde. Podemos hatte das Linksbündnis Syriza im Wahlkampf unterstützt. In Spanien stehen im Herbst Parlamentswahlen an.

Griechenland-Krise: So hilft die Eurogruppe

Hilfspaket an Reformen gekoppelt

In ihrer Abschlusserklärung skizzieren die 19 Euro-Staaten die Linien für ein neues Hilfspaket für Griechenland. Darin werden die Einsparungen und Reformen genannt, die Athen im Gegenzug für neue Finanzhilfe aus dem Euro-Rettungsschirm ESM leisten muss. Der Euro-Gipfel beziffert den Finanzbedarf Griechenlands auf 82 bis 86 Milliarden Euro.

Reformen und Regeln

Athen muss unverzüglich Reformen verabschiedet. Bis Mittwoch, 15. Juli, sollen Rechtsvorschriften verabschiedet sein, um das Mehrwertsteuersystem zu straffen und die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems zu verbessern. Das griechische statistische Amt ELSTAT soll voll rechtlich unabhängig werden. Die Regierung soll zudem sicherstellen, dass die Regeln des Stabilitätsvertrages komplett umgesetzt werden.

Verfahren beschleunigen

Bis 22. Juli soll eine Zivilprozessordnung angenommen sein, um Gerichtsverfahren zu beschleunigen und die Kosten erheblich zu senken. Die Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken soll bis dahin umgesetzt werden. Erst wenn das griechische Parlament alle in der Gipfel-Erklärung enthaltenen Verpflichtungen gebilligt hat, können die Verhandlungen über ein Rettungspaket beginnen, heißt es in dem Dokument.

Renten und Ladenöffnung

„Die von Griechenland vorgeschlagenen Reformmaßnahmen (müssen) erheblich ausgeweitet werden, um der deutlichen Verschlechterung der Wirtschafts- und Haushaltslage des Landes im vergangenen Jahr Rechnung zu tragen“, so die Gipfel-Erklärung. Zu den Maßnahmen zählt: Durchführung ehrgeiziger Reformen des Rentensystems bis Oktober 2015; Verabschiedung ehrgeizigerer Produktmarktreformen und Umsetzung der OECD-Empfehlungen etwa zu verkaufsoffenen Sonntagen, Schlussverkaufs-Perioden, Eigentum an Apotheken und Bäckereien, sowie die Öffnung bestimmter Berufe wie etwa beim Fährbetrieb.

Kein politischer Einfluss mehr

Privatisierung des Stromübertragungsnetzbetreibers (ADMIE), Modernisierung der Arbeitsmärkte etwa bei den Verfahren für Tarifverhandlungen, Arbeitskampfmaßnahmen, Massenentlassungen; Stärkung des Finanzsektors, etwa durch bessere Steuerung der Banken und die Beseitigung sämtlicher Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme

Privatisierungsfonds

Athen soll mehr und schneller privatisieren. Dafür ist der Transfer von hohen griechischen Vermögenswerten an einen unabhängigen Fonds vorgesehen, der diese zu Geld macht. Dieses Geld soll wird eine Quelle für die Rückzahlung des neuen ESM-Darlehens sein. Der Fonds soll einen Gesamtwert von 50 Milliarden Euro erzielen. Davon würden 25 Milliarden Euro für die Rückzahlung der Rekapitalisierung von Banken und anderen Vermögenswerten verwendet.

Verwaltung

Modernisierung und Kosten senken: Die Zusammenarbeit mit den Geldgeber-Institutionen bei der Überwachung von Programmen soll normalisiert werden. In der Gipfelerklärung heißt es zu dem Fonds und der Verwaltungsmodernisierung: „Die oben aufgeführten Verpflichtungen sind Mindestanforderungen für die Aufnahme der Verhandlungen mit der griechischen Regierung.“

Finanzbedarf

Der Euro-Gipfel beziffert mit Bezug auf die Geldgeber-Institutionen den Finanzbedarf Athens auf 82 bis 86 Milliarden Euro. Akut benötige Griechenland 7 Milliarden Euro bis zum 20. Juli und weitere 5 Milliarden Euro bis Mitte August.

Banken

Wegen der Probleme der griechischen Banken geht der Gipfel davon aus, dass ein neues Hilfsprogramm einen Puffer von 10 bis 25 Milliarden Euro für den Bankensektor schaffen müsste. Damit könnten die Banken frisches Kapital erhalten und taumelnde Banken könnten abgewickelt werden.

Schuldenschnitt?

In der Gipfel-Erklärung heißt es: „Der Euro-Gipfel betont, dass ein nominaler Schuldenschnitt nicht durchgeführt werden kann.“ Bei einem künftigen Hilfsprogramm könne es auch zusätzliche Maßnahmen geben, etwa einen längeren Tilgungsaufschub für Athen und längere Rückzahlungsfristen. „Das Risiko eines nicht zügigen Abschlusses der Verhandlungen liegt vollständig bei Griechenland“, heißt es in der Erklärung.

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Griechenland beliebt bei Last-Minute-Reisen

Ausgerechnet in Krisenzeiten kommt Griechenland bei den Urlaubern an. Ungeachtet der Finanzkrise setzen die deutschen Kunden des weltgrößten Reisekonzerns Tui verstärkt auf Reisen nach Hellas. Vor allem Last-Minute-Buchungen ziehen laut dem Reiseanbieter L'Tur, einer 70-prozentigen Tui-Tochter, an. „Wir hatten 2014 bereits ein absolutes Rekordjahr und liegen in diesem Jahr noch leicht drüber“, sagte eine Tui-Sprecherin. L'Tur berichtet gar von zweistelligen Zuwachsraten im Vergleich zum Vorjahr. Von Versorgungsengpässen für die Urlauber sei weiterhin nichts bekannt.

Die Euro-Länder bauen Griechenland einen Finanzbrücke

Die Brücke steht: Die Euro-Finanzminister haben sich nach Angaben aus Berlin auf eine Übergangsfinanzierung für Griechenland geeinigt. Für die Zwischenfinanzierung würden sieben Milliarden Euro aus dem EU-Rettungstopf EFSM kommen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) laut Teilnehmern im Haushaltsausschuss des Bundestages. Die Nicht-Euroländer würden von den Risiken freigestellt. Dazu würden Gewinne aus den Anleihekäufen der EZB als Absicherung genutzt. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, den EFSM für eine Nothilfe im Juli zu nutzen – es ist eine Einrichtung aller 28 EU-Staaten. Damit soll die Überbrückung bis zur endgültigen Gewährung von beantragten Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM gewährleistet werden.

Neue Ela-Notkredite für die Banken

Die klammen griechischen Banken bekommen weitere Notkredite. Die Europäische Zentralbank (EZB) stimmte einer leichten Ausweitung der Hilfen zu, wie Notenbank-Präsident Mario Draghi mitteilte. Die sogenannten Ela-Hilfen werden demnach um 900 Millionen Euro für eine Woche erhöht. Zuletzt lagen sie bei rund 90 Milliarden Euro. Mit der Entscheidung kauft die EZB der Politik Zeit, eine Brückenfinanzierung für das hoch verschuldete Land auf die Beine zu stellen. Viele Ökonomen sind überzeugt: Ohne die milliardenschweren Notkredite („Emergency Liquidity Assistance“/Ela), die seit Monaten von der griechischen Zentralbank mit Billigung des EZB-Rates vergeben werden, wären die Hellas-Banken längst pleite. Würde auch dieser Geldhahn zugedreht, würde das labile Finanzsystem des Mittelmeerlandes wohl endgültig kollabieren.

Die Grünen stehen hinter der Griechen-Rettung

Ihnen wirft man häufig Fundamentalopposition vor. Doch die Grünen im Deutschen Bundestag stehen schon länger praktisch staatstragend hinter den Rettungsmaßnahmen der Bundesregierung von Angela Merkel. Nun unterstützen sie trotz aller Kritik weitere Griechenland-Hilfen. „Wir wollen Griechenland nicht in den Grexit treiben. Wir wollen hier solidarisch sein“, sagte Grünen-Chefin Simone Peter am Donnerstag im WDR und betonte: „Aber wir werden auch deutlich machen, dass wir starke Kritik an der Verhandlungsführung Deutschlands haben, die auch beinahe zur Spaltung in Europa geführt hat.“ Peter war gemeinsam mit dem Co-Parteichef Cem Özdemir nach Athen gereist, um die Abstimmung im griechischen Parlament zu verfolgen.

SPD kritisiert anhaltende „Grexit“-Debatte von Schäuble

Die SPD hat die anhaltende Debatte von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone kritisiert. „Das ist langsam ein sehr unanständiges Spiel, das er da treibt“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Johannes Kahrs. Vor Beratungen des Haushaltsausschusses zu möglichen Verhandlungen über das geplante dritte Hilfspaket verwies Kahrs darauf, dass der Griechenland-Kompromiss von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgehandelt worden sei. „Und heute noch über den "Grexit" zu sprechen (...), verstört schon etwas.“ Das müssten nun aber Merkel und Schäuble untereinander klären.

Die SPD-Fraktion wird aus Sicht von Kahrs an diesem Freitag im Bundestag der Aufnahme von Verhandlungen der Geldgeber mit der griechischen Regierung über ein drittes Hilfspaket mehrheitlich zustimmen: „Bei all den Problemen, die wir da sehen, und bei all dem Unwohlsein, was man haben kann (...) ist es so, dass ich glaube, dass die Zustimmung bei uns überwiegt.“

Finnland votiert pro Griechenland

Finnland stimmt der Aufnahme von neuen Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland „unter strengen Bedingungen“ zu. Diese Entscheidung des zuständigen Parlamentsausschusses verkündete der finnische Finanzminister Alexander Stubb. Zuvor hatte die Regierung aus Liberalen, Konservativen und Rechtspopulisten den besonderen Ausschuss - das Grand Committee - über ihre Position verständigt. Der Ausschuss musste dem zustimmen. „Griechenland bewegt sich in die richtige Richtung, aber der Einsatz ist immer noch nicht groß genug, und die Verhandlungen werden wirklich hart“, sagte Regierungschef Juha Sipilä.

Chronologie der Griechenland-Krise

März 2010

Das Parlament in Athen verabschiedet ein erstes massives Sparprogramm, das unter anderem Steuererhöhungen sowie das Einfrierender Renten vorsieht. Massenproteste folgen. Die Eurostaaten sagen ein erstes Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds(IWF) zu.

April/Mai 2010

Griechenland beantragt offiziell ein Hilfsprogramm. Die Eurogruppe beschließt Notkredite in Höhe von 110 Milliarden Euro und verlangt im Gegenzug einen harten Sparkurs.

Oktober 2011

Ein zweites Rettungspaket wird beschlossen:Griechenlands private Gläubiger sollen freiwillig einem Schuldenschnitt von 50 Prozent zustimmen. Zudem soll es Kredithilfen von 100 Milliarden Euro geben und Garantien von 30 Milliarden Euro, mit denen der Schuldenschnitt begleitet wird.

Februar/März 2012

Das griechische Parlament stimmt einem weiteren Sparpaket zu, das auf Druck der internationalen Geldgeber mehrfach verschärft wird.

November 2012

Athen billigt abermals ein Sparpaket als Voraussetzung für weitere Hilfen. Ein drittes Rettungspaket ist im Gespräch. Die Eurogruppe signalisiert, dass weitere Hilfen möglich sind - aber erst, wenn das laufende Hilfsprogramm erfolgreich beendet wird.

Juli 2013

Und wieder muss Athen neuen Sparmaßnahmen zustimmen. Siesehen unter anderem die Entlassung von 15 000 Staatsbediensteten vor. Bei weiteren 25 000 Beamten werden die Einkommen gekürzt.

Januar 2015

Die Linkspartei Syriza unter Alexis Tsipras gewinnt die Parlamentswahl. Seine Popularität verdankt er der Ablehnung desvereinbarten Sparkurses.

Februar 2015

Die Euro-Finanzminister verlängern das - bereits einmal verlängerte - Hilfsprogramm von Ende Februar bis Ende Juni 2015.

März 2015

Athen legt eine Liste mit Reformen vor, die pro Jahr drei Milliarden Euro einbringen sollen. Es geht vor allem um den Kampf gegen Steuerhinterziehung. Die internationalen Geldgeber halten die Liste für unzureichend und verlangen Nachbesserungen.

Mai 2015

Das Tauziehen um Reformen geht weiter. Die Finanznot in Athen wird immer größer. Die Regierung sucht nach Geld, um Kreditschulden beim Internationalen Währungsfonds bezahlen zu können.

Juni 2015

Der IWF erlaubt Griechenland, insgesamt vier im Juni fällige Kredite erst Ende des Monats zurückzuzahlen. Athen legt neue Reformvorschläge vor, Krisentreffen auf Spitzenebene bleiben aber ergebnislos. Tsipras schlägt überraschend vor, das griechische Volk über die Sparvorschläge der Geldgeber abstimmen zu lassen und wirbt für ein negatives Votum. Die Eurogruppe erklärt die Verhandlungen für gescheitert, das Hilfsprogramm wird nicht verlängert.

13. Juli 2015

Der Grexit ist vorerst abgewendet. Beim Euro-Gipfel in Brüssel einigen sich die Regierungschefs mit Griechen-Premier Alexis Tsipras auf ein Reform- und Sparprogramm. Der Finanzbedarf der Griechen wird auf 82 bis 86 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren taxiert. Die Parlamente in den Euro-Ländern müssen noch zustimmen.

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EZB will Nothilfen für griechische Banken wohl nicht erhöhen

Die Europäische Zentralbank (EZB) will offenbar die Nothilfe für griechische Banken vorerst nicht erhöhen. Demnach würden die ELA-Notkredite („Emergency Liquidity Assistance“) vorerst auf derzeit 88,6 Milliarden Euro begrenzt bleiben, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg mit Bezug auf informierte Kreise. Eine offizielle Stellungnahme zu der Entscheidung der Zentralbank gab es nicht. Griechenlands Banken bleiben damit stark unter Druck. Weil die Griechen aus Angst vor der Staatspleite und einem möglichen Euro-Ausstieg Milliarden von ihren Konten abgehoben haben, sind Überweisungen und Bargeldauszahlungen nur noch begrenzt möglich. Die griechische Zentralbank habe deshalb um weitere Hilfen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro gebeten, berichtete Bloomberg weiter und berief sich auf zwei namentlich nicht genannte Personen, die mit der Sache vertraut sind. Ein EZB-Sprecher sowie ein Sprecher der griechischen Notenbank wollten sich auf Nachfrage von Bloomberg nicht äußern. Die Banken in Griechenland sind seit rund zwei Wochen geschlossen.

Schäuble bringt erneut „Grexit“ ins Spiel

Finanzminister Wolfgang Schäuble bringt erneut ein Ausscheiden des überschuldeten Landes aus der Eurozone ins Gespräch. Sehr viele Ökonomen, auch in Griechenland, bezweifelten, dass die Probleme ohne einen echten Schuldenschnitt gelöst werden könnten, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Deutschlandfunk. „Doch ist ein wirklicher Schuldenschnitt mit einer Mitgliedschaft in der Währungsunion unvereinbar.“ Ein freiwilliges Ausscheiden „wäre für Griechenland der bessere Weg“, sagte er.

Das „Ja“ am frühen Morgen im Parlament von Athen wertete Schäuble als „wichtigen Schritt“. Die Eurogruppe werde nun vermutlich einen Antrag stellen, Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket mit bis zu 86 Milliarden Euro an frischen Krediten aufzunehmen. Zuvor müsse aber der Bundestag das Mandat dazu erteilen. Schäuble wertete die Entwicklung in Griechenland als „ein bisschen verwirrend“. Schließlich habe die Bevölkerung vor wenigen Tagen in einem Referendum für das genaue Gegenteil von dem gestimmt, was das Parlament nun beschlossen habe.

Finnland will Mandat einholen

Finnland entschiedet über seine künftige Position im Umgang mit Griechenlands Schuldenkrise. Die Regierung werde den zuständigen Parlamentsausschuss am späten Vormittag um ein Mandat dafür ersuchen, kündigte Finanzminister Alexander Stubb im Kurznachrichtendienst Twitter an. In Finnland bestehen noch große Zweifel daran, ob neue Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland aufgenommen werden sollten. Die Regierung wollte sich zunächst noch nicht auf ein „Ja“ festlegen. Besonders die Rechtspopulisten in der Regierung pochen auf eine harte Linie im Umgang mit Griechenland. Die Entscheidungen über die Aufnahme von Verhandlungen muss das Grand Committee treffen, ein besonderer Ausschuss.

Medien: Warnung für andere EU-Staaten

Zu den Folgen für die Europäische Union schreibt die liberale spanische Zeitung „La Vanguardia“: „Die Krise in Griechenland hat die EU-Institutionen in Stress versetzt. Bald werden neue Probleme auf Europa zukommen. Großbritannien droht damit, die EU 2017 zu verlassen. London erklärte, dass es nicht ein Pfund zur Rettung Griechenlands beitragen wird. Dies ist nicht gerade ein Zeichen von Solidarität. Europa blickt auch mit Sorge auf die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien. Die katalanische Regierung hat 65 Milliarden Euro Schulden, Spanien eine Billion. Angela Merkel und die Troika der Geldgeber wollen keine neuen Spannungen. Der Fall Griechenlands ist eine Warnung auch für andere EU-Staaten.“

Tsipras drohte mit Rücktritt – Ausschreitungen vor Parlament

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras drohte vor dem Parlament in Athen mit Rücktritt, sollte er nicht die Zustimmung seiner Koalition für das von den Gläubigern geforderte Spar- und Reformprogramm bekommen. Außerdem hatten Tausende vor dem Parlament in Athen gegen die Maßnahmen demonstriert. Dabei kam es zu Ausschreitunge von Autonomen.