Paris/Ankara. Hayat Boumedienne, die 26-jährige Lebensgefährtin des getöteten Pariser Terroristen Amedy Coulibaly, wurde nach der Anschlagsserie in Paris tagelang gesucht. Immer noch kursieren Gerüchte, sie sei in Frankreich. Wahrscheinlicher ist, dass die einzige Überlebende des bislang bekannten Täterkreises bereits am 2. Januar über die Türkei nach Syrien floh. Nach der Erstürmung des Pariser Supermarktes, den Coulibaly angegriffen hatte, wurde Boumeddiene zum zentralen Thema: Hatte sie fliehen können? Wo war sie? Noch am selben Tag sagten die türkischen Behörden, sie hätten „keine Informationen“ über sie.
Boumeddiene soll das Auto gemietet haben, das Coulibaly nutzte, um zum Supermarkt zu fahren, den er dann angriff. Zudem besteht der Verdacht, dass sie und die Frauen der „Charlie Hebdo“-Attentäter die Kommunikation zwischen den Terroristen sicherten, die wohl Angst hatten, abgehört zu werden. Von mehr als 500 Telefonaten der Frauen wird berichtet.
Am Sonntag berichteten diverse Medien unter Berufung auf türkische Sicherheitsbehörden, Boumeddiene sei bei der Einreise am Istanbuler Atatürk-Flughafen von Kameras erfasst worden. Sie habe in einem Hotel im Stadtteil Kadiköy zwei Nächte verbracht, berichtete die regierungsnahe Zeitung „Yeni Safak“. 18-mal habe sie in dieser Zeit mit Paris telefoniert. Das Signal ihres Mobiltelefons sei, so heißt es aus Polizeiquellen, nahe der syrischen Grenze noch am 8. Januar empfangen worden. Dann aber sei das Signal verstummt – als ein Begehren der französischen Polizei eintraf, nach ihr zu fahnden. Am Montag sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu, es gebe Indizien, dass Boumeddiene nach Syrien gereist sei. Das ergäbe sich aus Telefonmitschnitten.
Die Fakten werfen Fragen auf: Wie konnte Boumeddiene in die Türkei einreisen? Sie war aktenkundig als Gefährtin Coulibalys, der als potenziell gefährlicher Extremist polizeibekannt war. Nach Angaben der Zeitung „Le Parisien“ reiste Boumeddiene in Begleitung eines Mannes, der ebenfalls polizeibekannt sei. Beide seien über Madrid nach Istanbul geflogen, mit Rückflugticket für den 9. Januar. Diesen Flug traten sie nicht an. Sollte Boumeddiene tatsächlich nach Syrien geflohen sein, bedeutet das: Sie hatte Verbindungen dorthin oder kannte jemanden, der Verbindungen hatte. So einfach kommt man nicht illegal über die Grenze. Und wenn der Mann, mit dem sie gereist sein soll, zur Gruppe um die Paris-Attentäter gehörte, war dieser Kreis größer als gedacht.