Chefin der Rechtsextremen in Frankreich verzichtet auf Teilnahme an Gedenken für die Opfer
Paris. Die Atmosphäre war nicht eben herzlich: Die Vorsitzende des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, ist am Freitagvormittag vom französischen Präsidenten François Hollande im Élysée-Palast empfangen worden. Hollande trifft sich in diesen Tagen mit allen führenden Oppositionspolitikern, um die Lage vor dem Hintergrund der Terroranschläge zu besprechen.
Diskutiert haben der Präsident und die Parteivorsitzende aber auch über die umstrittene Teilnahme von Front-National-Mitgliedern am „republikanischen Marsch“, zu dem Gewerkschaften und Parteien für den Sonntag in Paris aufgerufen haben. Zahlreiche Stimmen aus dem linken wie dem bürgerlichen Lager hatten sich zuvor gegen eine Teilnahme der Rechtsextremen an der Kundgebung ausgesprochen. Marine Le Pen hatte diesen „Ausschluss aus dem heiligen Bund“ der Republik als „erbärmliches politisches Manöver“ gegen ihre Partei kritisiert.
Hollande formulierte nun eine Art Toleranzedikt für den FN, das allerdings auch nicht eben klingt wie eine herzliche Einladung. „Alle Bürger dürfen kommen“, sagte Hollande und schob nach, es werde „keine Kontrollen“ geben. Zu dem Marsch hätten Parteien und Gewerkschaften aufgerufen, jeder Bürger müsse selbst entscheiden, ob er teilnehme, so Hollande lakonisch.
Die FN-Vorsitzende folgerte daraus, sie habe „keine eindeutige Aufhebung des Verbotes vom Präsidenten der Republik erhalten können“, welches ihrer Bewegung, den Abgeordneten und Vertretern die Teilnahme an einer Veranstaltung untersage, obwohl „Millionen von Franzosen“ die FN-Vertreter gern unter den Teilnehmern sähen. Sie werde folglich nicht erscheinen, so Marine Le Pen, denn sie sei gut erzogen und deshalb, „gehe ich nicht dorthin, wo man mich nicht will“.
Die politische Ausgrenzung, mit der die etablierten Parteien den FN bei ihrer republikanischen Bündnisdemonstration strafen wollen, versucht Marine Le Pen so in politischen Profit zu verwandeln. Neben dieser Petitesse ging es in dem knapp einstündigen Gespräch um die Frage nach der richtigen Antwort auf die terroristischen Anschläge, die Frankreich erschüttern. Sie sei die einzige politische Verantwortliche, die die Dinge beim Namen nenne, brüstete sich Marine Le Pen. Es handele sich um einen „Krieg gegen den islamistischen Fundamentalismus“.
Sie habe dem Präsidenten dringend empfohlen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, darunter eine Aussetzung der Schengen-Verträge – um die französischen Landesgrenzen besser kontrollieren zu können. Man müsse sich in die Lage versetzen, auf die „Kriegserklärung des islamistischen Fundamentalismus zu antworten“.
Sie bedaure, dass andere politische Verantwortliche das Wort nicht ausgesprochen hätten, erklärte Le Pen. Wenn man Krieg führe, sei das Wichtigste, in der Lage zu sein, seine Gegner zu kennen. „Wir kämpfen gegen eine Ideologie, die des islamistischen Fundamentalismus. Das nicht auszusprechen ist bereits ein Beweis der Schwäche“, so Le Pen.
Sie habe Hollande eine Reihe von akuten Maßnahmen empfohlen, darunter die Erhöhung der Mittel für Polizei, Geheimdienste und Militär. „Ich habe zudem auf die Dringlichkeit von Maßnahmen verwiesen, die darauf abzielen, jenen unwiderruflich die Nationalität zu entziehen, die mit Doppelstaatsangehörigkeit in ein anderes Land gegangen sind, sich dort militärisch ausbilden lassen und kämpfen – und dann wieder auf unser Staatsgebiet zurückkehren, um dann barbarische Straftaten zu begehen, wie dies bei den beiden Mördern der Fall zu sein scheint, die im Begriff sind, gefasst zu werden.“
Marine Le Pen wies den Präsidenten auch auf die ihrer Meinung nach notwendige „Neuorientierung“ der französischen Außenpolitik hin. Gerade die enge Bindung an Länder, „von denen ich überzeugt bin, dass sie den islamistischen Fundamentalismus unterstützen und bezahlen“, müsse überdacht werden. Der Präsident habe ihr im Übrigen versichert, dass man über den Anstieg des islamistischen Fundamentalismus eine vertiefte Debatte führen werde, in der „sämtliche politische Stimmen gehört werden“ würden. Dafür, dass Marine Le Pens Stimme gehört werden wird, wird sie sicherlich sorgen.