Taliban-Extremisten haben eine Schule in Pakistan gestürmt und 500 Kinder als Geiseln genommen. Nach einem Feuergefecht gab es zahlreiche Opfer. Es ist einer der blutigsten Anschläge des Landes.

Peshawar. Es ist einer der blutigsten Terroranschläge in Pakistan seit Jahren: Mindestens 126 Kinder sind bei einem Angriff islamistischer Talibankämpfer auf eine Schule in der Millionenstadt Peshawar getötet worden. Mehr als 120 weitere wurden verletzt, wie der Regierungschef der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa mitteilte.

Die pakistanischen Taliban (Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP)) bekannten sich zu der Attacke und sprachen von einem Racheakt für eine seit Monaten laufende Militäroffensive in ihren Stammesgebieten.

Die Extremisten waren in die vom Militär betriebene Army Public School & College eingedrungen und hatten laut Polizei insgesamt 500 Schüler und Lehrer als Geiseln genommen. Nach fünf Stunden beendeten Militär und Polizei in Pakistan die Geiselnahme. Alle sechs Angreifer seien tot, teilte das Militär am frühen Dienstagabend mit. Einer habe sich selbst in die Luft gesprengt. Truppen durchsuchten die Schulgebäude nach Sprengsätzen.

Ein Sprecher der Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) rechtfertigte den Angriff in örtlichen Medien. Die vom Militär betriebene Schule sei zum Ziel geworden, „weil sie auch unsere Familien angreifen. Wir wollen, dass sie den Schmerz fühlen, den wir fühlen.“ Die Armee geht massiv in den Stammesgebieten im nordwestlichen Grenzgebiet zu Afghanistan gegen radikalislamische Gruppen wie die Taliban oder das Terrornetz Al-Kaida vor. Dabei wurden nach Regierungsangaben bereits tausende Extremisten getötet und vertrieben.

Malala trauert um ermordete Kinder

Die pakistanische Friedensnobelpreis-Trägerin und Kämpferin für Kinderrechte, Malala Yousafzai, verurteilte das Massaker der Taliban als „grauenhaft und feige“. „Dieser sinnlose und kaltblütige Terrorakt in Peshawar, der sich vor unseren Augen abspielt, bricht mir das Herz“, erklärte die 17-Jährige am Dienstag in London.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete den Terroranschlag als „verbrecherischen Angriff“. „Die Geiselnahme und Ermordung von Kindern übertrifft in ihrer grausamen Feigheit alles, was das seit Jahren von Terror und Gewalt heimgesuchte Pakistan bisher kannte“, sagte Steinmeier.

Schulen, besonders solche auch für Mädchen, werden in Pakistan immer wieder zur Zielscheibe für die Extremisten. Sie verbreiten aus ihrer Sicht „westliche Dekadenz“ und un-islamische Lehren.

Schüler schrieben gerade eine Prüfung, als die ersten Schüsse fielen

In der Schule gab es stundenlang intensive Feuergefechte, wie der Regierungschef der Provinz, Pervaiz Khattak, sagte. Mehrere Explosionen waren zu hören.

Eine Lehrerin sagte demnach auch, dass Schüler in den oberen Klassen eine Prüfung schrieben, als die Terroristen das Feuer auf sie eröffneten. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Soldaten Schüler und Schülerinnen in Sicherheit brachten. Kinder in ihren Schuluniformen mit grünen Pullovern über der traditionellen Kleidung rannten verängstigt ins Freie. Blutüberströmte Schüler und Lehrer wurden aus der Schule getragen. Scharfschützen hatten ihre Waffen auf das Gebäude gerichtet, die Armee fuhr mit Panzern vor.

Auch mindestens eine Lehrerin wurde den Behörden zufolge getötet. Verletzte Schüler wurden in ein Krankenhaus gebracht. Es wurde befürchtet, dass die Opferzahl weiter steigt, mehrere Dutzend Kinder erlitten Schussverletzungen, ihr Gesundheitszustand war kritisch. Die Krankenhäuser in Peshawar riefen die Bevölkerung zur Blutspende auf.

Ministerpräsident Nawaz Sharif bezeichnete den Angriff als nationale Tragödie und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. „Das sind meine Kinder. Es ist mein Verlust.“ Der Regierungschef reiste nach Peshawar, um die Befreiungsaktion zu überwachen.

Die Schule wird von mehr als 1000 Schülern besucht und bietet Unterricht für Altersstufen von Kindergärtnern bis zur Oberschule. Die Armee betreibt mehr als 120 dieser Schulen in ganz Pakistan. Sie sind bei Eltern aufgrund ihrer hohen Bildungsstandards beliebt.