Boeing 777-200 der Malaysia Airlines stürzt aus zehn Kilometern Höhe ab. Alle 298 Insassen sind tot
Kiew. Die Trümmer liegen über Kilometer verstreut mitten im Kriegsgebiet: Eine Boeing 777-200 der Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord ist am Donnerstagnachmittag im umkämpften Osten der Ukraine aus zehn Kilometern Höhe abgestürzt. Es gibt keine Überlebenden. Flug MH17 war in Amsterdam gestartet und sollte nach Kuala Lumpur fliegen.
Nach Angaben des USA wurde der Jet durch eine Rakete abgeschossen. US-Geheimdienstexperten gehen „stark“ davon aus, dass die Maschine von einer Boden-Luft-Rakete getroffen wurde, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Regierungskreisen in Washington erfuhr. Derzeit würden die Experten untersuchen, ob die prorussischen Separatisten, die ukrainischen Streitkräfte oder gar die russische Armee dafür verantwortlich seien. Am Abend machten sich die ukrainische Führung und die prorussischen Separatisten gegenseitig verantwortlich.
In Kiew sagte Präsident Petro Poroschenko, die ukrainischen Streitkräfte hätten mit der Tragödie nichts zu tun. Es seien vielmehr die Rebellen gewesen, die bereits in den vergangenen Tagen mehrere ukrainische Militärflugzeuge abgeschossen hätten. Ein Berater des ukrainischen Innenministeriums sagte, es gebe Erkenntnisse, dass das Flugzeug von einer Rakete aus einem Buk-Flugabwehrsystem getroffen wurde. Das in den 80er-Jahren von sowjetischen Militärs entwickelte Lenkwaffensystem kann Ziele in bis zu 25.000 Metern Höhe treffen. Die prorussischen Kräfte hingegen werfen den ukrainischen Streitkräften den Abschuss vor.
Die Aufständischen besäßen keine Abwehrwaffen, um große Passagiermaschinen in einer Höhe von 10.000 Metern abzuschießen. Es handele sich um eine „Provokation“ der ukrainischen Luftwaffe, sagte der selbst ernannte Premierminister der nicht anerkannten Volksrepublik Donezk, Alexander Borodaj. In sozialen Netzwerken wie Twitter kursierten aber Berichte, wonach Separatisten im Verlauf der Kämpfe auch ein Buk-Flugabwehrsystem erbeutet haben. Zudem sollen sich Kämpfer zum Zeitpunkt des Absturzes damit gebrüstet haben, eine große ukrainische Militärmaschine abgeschossen zu haben. War es möglicherweise eine Verwechslung? Deutsche Luftfahrtexperten verwiesen darauf, dass ein technisches Versagen kaum infrage komme. Ein plötzlicher Absturz aus der Reiseflughöhe sei extrem unwahrscheinlich.
Die Boeing 777 hatte Amsterdam um 12.31 Uhr Ortszeit verlassen und sollte am Freitagmorgen um 6.10 Uhr malaysischer Ortszeit in Kuala Lumpur ankommen. An Bord waren auch vier Deutsche sowie allein 154 Passagiere aus den Niederlanden, 27 Australier, 23 Malaysier, elf Indonesier, sechs Briten, vier Belgier, drei Philippiner und ein Kanadier. „Malaysia Airlines bestätigt, dass sie von der ukrainischen Luftraumüberwachung informiert wurde, dass der Kontakt mit Flug MH17 um 14.15 (GMT) etwa 30 Kilometer vom Tamak-Wegpunkt verloren ging, etwa 50 Kilometer vor der russisch-ukrainischen Grenze“, teilte die Fluggesellschaft mit. Malaysia trauert noch immer um die Opfer von Unglücksflug MH370, der seit dem Start in Kuala Lumpur im März mit 239 Menschen an Bord verschollen ist.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat der Ukraine die Verantwortung für den jüngsten Absturz im Osten des Landes zugeschrieben. Die schreckliche Tragödie mit 298 Toten wäre nicht passiert, wenn es in der Ostukraine keinen Krieg gäbe.
Die Lufthansa änderte, wie andere Fluggesellschaften, ihre Flugroute nach Asien. Der ostukrainische Luftraum werde bis auf Weiteres weiträumig umflogen, sagte ein Sprecher in Frankfurt.