“Unmengen“ sollen vor dem Schließen von Zyperns Banken abgehoben worden sein
Nikosia/Brüssel. Anleger in Zypern haben vor der Bankenschließung möglicherweise im großen Stil Geld abgezogen. Der zyprische Parlamentspräsident Giannakis Omirou will den Verdacht prüfen, wonach es ungewöhnlich hohe Geldüberweisungen ins Ausland sowie größere Bargeldabhebungen gegeben haben soll. Omirou forderte eine Liste mit Überweisungen der vergangenen Wochen an. Zudem untersucht die Regierung in Nikosia, ob auch hohe Summen ins Ausland transferiert wurden, als die Banken bereits geschlossen hatten und das Online-Banking gesperrt war. Der Geldabfluss vor der Bankenschließung soll nach Informationen aus der zyprischen Notenbank bei der Europäischen Zentralbank aufgefallen sein: Zyprische Banken forderten demnach viel mehr Geld an, als ihre Kunden sich von Geldautomaten holten.
Der zyprische Parlamentspräsident will auch prüfen, ob hohe Beamte ihr Geld ins Ausland geschafft haben, die in Entscheidungszentren der Notenbank oder im Präsidialgebäude sitzen und von der bevorstehenden Entscheidung zur Schließung der Banken am 16. März wussten. Zyprische Medien berichteten ohne Quellenangabe, es seien "Unmengen" von Geld abgehoben worden.
Die Banken sollen am Donnerstag nach fast zwei Wochen wieder öffnen. Die Regierung fürchtet Chaos. Unklar waren zunächst Details zu Kapitalbeschränkungen, mit denen Zypern nach Öffnung der Banken massive Geldabflüsse verhindern will. Möglicherweise gelten sie für einige Wochen. Es wird erwartet, dass Bankkunden künftig nur bestimmte Höchstbeträge pro Tag und Monat abheben dürfen. Das Limit für Geldautomaten war am Sonntag je nach Bank auf 100 bis 120 Euro reduziert worden.
Im Zuge der Bankenrettung könnten reiche Anleger in Zypern etwa 40 Prozent ihrer Geldanlagen verlieren - als Beitrag zur Sanierung des Bankensektors. Sarris nannte dies im britischen Sender BBC eine realistische Größenordnung. Nach dem Rettungspaket sollen Einlagen oberhalb der EU-weiten Sicherungsgrenze von 100.000 Euro an der Bankensanierung beteiligt werden. Das zweitgrößte Geldhaus, die Laiki-Bank, wird abgewickelt. Ein Teil ihres Geschäfts wird von der Bank of Cyprus übernommen.
Aus Protest gegen die Sanierung trat der Chef der Bank of Cyprus, Andreas Artemi, zurück, wie der staatliche Rundfunk meldete. Mit Spruchchören "Ihr habt unsere Zukunft zerstört" haben am Dienstag Hunderte Schüler und Studenten in Nikosia gegen die Sparmaßnahmen und die seit dem 16. März andauernde Schließung der Banken protestiert. Sie zogen zunächst durch die Stadt bis zum Präsidialgebäude. Dort warfen einige Schüler Gegenstände auf die Polizei. Vor allem gaben sie Deutschland und Bundeskanzlerin Merkel die Schuld an der Lage ihres Landes.