Präsident Mursi erlässt ein entsprechendes Dekret. Wahlen zum Unterhaus sollen in vier Phasen abgehalten werden und bis Juni dauern.
Kairo. Die Ägypter sollen von April bis Juni ein neues Parlament wählen. Präsident Mohamed Mursi erließ am Donnerstag ein entsprechendes Dekret. Am 27. April sollen die Wahlen zum Unterhaus beginnen und laut Dekret in vier Phasen abgehalten werden. Die gewählten Parlamentarier könnten dann am 6. Juli erstmals im neuen Abgeordnetenhaus zusammenkommen. Hintergrund für die ungewöhnlich lange Wahldauer ist, dass die Behörden nicht ausreichend Personal zur Überwachung aller Wahllokale haben.
In einer ersten Runde am 27. und 28. April würden die Bürger in Kairo und vier weiteren Städten des Landes an die Urnen gerufen, berichtete das Fernsehen. Der letzte Durchgang solle am 19. und 20. Juni stattfinden. Mögliche Stichwahlen könnten am 26. und 27. Juni abgehalten werden. „Die Wahlen werden in Phasen abgehalten, um sicherzustellen, dass sie gemäß der Verfassung vollständig von Richter überwacht werden können“, sagte Bakinam al-Scharkawi, ein Berater Mursis, dem Sender.
Bereits die vorangegangenen Wahl hatte sich von November 2011 bis Januar 2012 hingezogen. Damals waren die Islamisten stärkste Kraft geworden. Ob die Wahl die innenpolitische Krise in Ägypten lösen kann, ist allerdings mehr als fraglich. In Ägypten gibt es seit Sommer vergangenen Jahres kein Unterhaus mehr. Die Parlamentskammer war im Juni vom Obersten Gericht wegen formaler Fehler im Wahlgesetz aufgelöst worden. Seither hatte der sogenannte Schura-Rat, das Oberhaus, die parlamentarischen Aufgaben übernommen.
Am Donnerstag verabschiedete der von Muslimbrüdern und radikal-islamischen Salafisten dominierte Rat ein überarbeitetes Wahlgesetz und machte damit den Weg für die Parlamentswahlen frei. Um die Verfassungsmäßigkeit hatte es bis zuletzt Streit gegeben. Noch am Montag erklärte das ägyptische Verfassungsgericht fünf Artikel des Gesetzes für ungültig. Das Gericht hatte unter anderem die Aufteilung der Wahlbezirke bemängelt. Dem trug der Schura-Rat nun Rechnung. So wird die Zahl der Sitze von 498 auf 546 erhöht, um eine faire Repräsentation aller Landesteile zu ermöglichen.
Die zusätzlichen Sitze entfallen vor allem auf die Großstädte Kairo und Alexandria. Gegner der regierenden Islamisten hatten diesen vorgeworfen, mit der ursprünglichen Regelung ländlichen Gegenden mehr Gewicht geben zu wollen, in denen die Muslimbrüder traditionell stärker vertreten sind.
Die Lage in Ägypten hatte sich zuletzt wieder zugespitzt. Anlässlich des zweiten Jahrestags des Aufstands gegen den langjährigen Machthaber Husni Mubarak zogen in den vergangenen Wochen in mehreren Städten zahlreiche Ägypter auf die Straßen, um gegen den Islamisten Mursi, die neue Verfassung und vor allem den Einfluss der Muslimbruderschaft auf Politik und Regierung zu demonstrieren. Dabei kam es zu teils schweren Ausschreitungen, etwa 60 Menschen starben.
Die oppositionelle Nationale Heilsfront hatte zuletzt mit einem Boykott der Parlamentswahl gedroht. Sie fordert zudem eine vorgezogene Präsidentenwahl und eine Übergangsregierung der nationalen Einheit. Die Islamisten um Mursi werfen den liberalen und linken Kräften vor, den Aufbau eines neuen demokratischen Staates zu sabotieren und die Gesundung der Wirtschaft zu verhindern. Die instabile Lage wirkt sich zunehmend auf die Wirtschaft des nordafrikanischen Landes aus. Die seit über zwei Jahren immer wieder aufkommenden Krawalle schrecken viele Touristen ab. Für diesen Freitag haben mehrere Oppositionsgruppen wieder zu Protesten gegen die Regierung Mursis aufgerufen.