Was will Silvio Berlusconi? Erst kündigt er seine erneute Kandidatur an, nun sagt er, Parteichef Alfano sei der richtige Mann für Italien.
Rom. Mit viel Lärm, aber eher unerwartet ist Silvio Berlusconi auf die politische Bühne zurückgekehrt: Erst verweigerte seine Partei der Regierung von Regierungschef Mario Monti das Vertrauen in zwei parlamentarischen Abstimmungen. Am Sonnabend, an dem die Italiener die Immaculata-Feier begehen, Kekse backen und ihren Weihnachtsbaum aufstellen, war es so weit: Am Rande des Trainingslagers seines Fußballklubs AC Mailand kündigte der vor 13 Monaten zurückgetretene Berlusconi seine Rückkehr an. "Aus Verzweiflung über die Situation unseres Landes stelle ich meine Kandidatur in den Dienst der Italiener."
Für viele Italiener war das eher eine Hiobsbotschaft. Nur wenige hatten wirklich auf dieses Comeback gewartet. Am wenigsten Mario Monti: Der parteilose Regierungschef kündigte noch am Sonnabendabend seinen Rücktritt an - noch vor Weihnachten wird Italien ohne Regierung sein. Am Montag stürzte daraufhin die Mailänder Börse ab.
Nun sorgte Berlusconi weiter für Konfusion. Der 76-Jährige will wohl doch nicht unbedingt erneut Regierungschef werden. Er bleibe im Rennen, könne aber auch auf eine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten zugunsten von Mario Monti verzichten, sagte er am Mittwochabend bei einer Buchpräsentation. Dafür müsse Monti jedoch an der Spitze eines Bündnisses aller Mitte-Rechts-Kräfte antreten. Auch Angelino Alfano, Chef der Berlusconi-Partei PdL (Volk der Freiheit) sei in einer „Pole Position“ für das Amt des Ministerpräsidenten, sagte Berlusconi.
Berlusconi will das in Auflösung begriffene rechte Lager wieder zusammenführen. Auch sind in seiner Partei viele für eine Rückkehr Montis und gegen Berlusconi als Kandidaten für das Regierungsamt. Er könnte verzichten, sofern Monti in einem Bündnis die rechtspopulistische Lega Nord – lange Zeit Partner des früheren Regierungschefs – einschließen würde, sagte Berlusconi.
Politische Beobachter werteten die jüngsten Äußerungen des dreifachen früheren Ministerpräsidenten als ein Zeichen der Schwäche. „Berlusconi ist praktisch sicher, dass er verlieren würde“, meinte am Donnerstag der Mailänder „Corriere della Sera“, „und das Sperrfeuer gegen ihn in Italien und Europa steht gegen seinen Kampfeswillen“. Die Turiner „La Stampa“ meinte, Berlusconi habe alles gesagt und das Gegenteil von allem. Er habe bestätigt, was alle bereits verstanden hätten: „Er wird also nicht Kandidat für den Regierungssitz sein.“
„Berlusconi wird nicht gewinnen“, prognostizierte der aussichtsreiche Mitte-Links-Kandidat für das Amt des Regierungschefs, Pier Luigi Bersani. Er selbst wolle bei einem Wahlsieg seines Bündnisses Mario Monti unbedingt in der Politik des Landes behalten, sagte Bersani in Rom. Spekuliert wird, dass Monti Wirtschaftsminister in einer Regierung Bersani oder auch nächster Staatspräsident Italiens werden könnte. Der Chef der PD (Demokratische Partei) kündigte an, als Premier mit Reformen nach deutschem Vorbild zu beginnen, etwa bei der Gesetzgebung zum Arbeitsmarkt und zu den Lebensgemeinschaften.
Berlusconi hatte mit seiner Erklärung vom Samstag, wieder zu kandidieren, eine Welle der Ablehnung bei europäischen Partnern Italiens ausgelöst. Mario Monti hatte am Wochenende angekündigt, demnächst zurückzutreten, weil seinem Kabinett der „Technokraten“ von Berlusconis PdL im Parlament die Unterstützung entzogen worden war. Montis Rücktritt dürfte kurz vor Weihnachten erfolgen. Für die leicht vorgezogenen Parlamentswahlen zeichnet sich der 17. Februar ab.
Der Medienzar und Milliardär Berlusconi hatte jedoch bereits vor Monaten gesagt, nicht gegen Monti ins Rennen gehen zu wollen. Sofort nach seiner Ankündigung vom Samstag spekulierten Medien, ob Berlusconi wohl diesmal bei seinem Wort bleibe. Monti hat sich bisher noch nicht zu seinen politischen Zukunftsplänen geäußert.