Rebellen rücken vor. Allianz warnt Assad vor Chemiewaffeneinsatz
Damaskus/Brüssel. Vor zwei Wochen hat die Türkei ihre Nato-Partner um militärische Hilfe gebeten, jetzt demonstriert das Bündnis Solidarität: Trotz russischer Bedenken gaben die Außenminister der 28 Nato-Staaten gestern in Brüssel grünes Licht für die Stationierung von Patriot-Flugabwehrraketen im türkischen Grenzgebiet zu Syrien. Mit dem Waffensystem soll das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad an Angriffen auf türkisches Gebiet gehindert werden. Deutschland, die Niederlande und die USA sollen die Patriot-Raketen und deren Bedienmannschaften innerhalb weniger Wochen in die Türkei schicken.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, noch in dieser Woche werde das Bundeskabinett einen Beschluss zur Entsendung der Patriot-Raketen fassen und den Bundestag um Zustimmung bitten. Im Gespräch ist dem Vernehmen nach die Verlegung von bis zu zwei deutschen Patriot-Staffeln in die Türkei. 16 solcher Einheiten mit je acht Raketen könnten entsandt werden, hinzu käme dann wohl eine Begleitmannschaft mit insgesamt bis zu 170 Soldaten.
Nach Angaben von Nato-Diplomaten betonten die Außenminister in einer Erklärung, dass die Abwehrraketen ausschließlich dem Schutz und der Verteidigung des Bündnispartners Türkei dienen sollen. Sie dürften beispielsweise nicht eingesetzt werden, um eine Flugverbotszone über Syrien zu kontrollieren.
Zugleich warnte die Nato Syrien nachdrücklich vor einem Einsatz von Chemiewaffen gegen die vorrückenden Rebellen. Er rechne in diesem Fall mit einer "sofortigen Reaktion" der internationalen Gemeinschaft, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Außenminister Westerwelle erklärte, ein Einsatz wäre völlig inakzeptabel: "Wer immer auch nur daran denkt, sollte wissen, dass ihn die Welt dafür zu Rechenschaft ziehen würde."
Die Sorgen vor einem Einsatz der Massenvernichtungswaffen hatten sich zuletzt vergrößert. Medienberichten zufolge bewegt die Führung in Damaskus die Bestände und bereitet damit möglicherweise einen Einsatz vor. Syriens Vorräte gelten als die größten in der Region und sollen unter anderem aus Sarin, Senfgas und VX bestehen. Am Montag versicherte die Regierung in Damaskus erneut, sie würde keine Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzen.
Die Berichte kommen zu einer Zeit, in der die Rebellen langsame, aber deutliche Gewinne in dem seit März 2011 anhaltenden Bürgerkrieg erzielt haben. Sie haben unter anderem mehrere Militärstützpunkte erobert und rücken auf die Hauptstadt vor. Einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Sana zufolge starben bei dem Angriff der Rebellen auf eine Schule am Rand von Damaskus 28 Schüler und ein Lehrer. Die Berichte aus Syrien können kaum überprüft werden, da die Berichterstattung stark eingeschränkt ist.