Immer wieder sickern Informationen über heikle Rüstungsgeschäfte aus dem Sicherheitsrat durch. Opposition ist empört, Regierung schweigt.
Berlin. Die Bundesregierung hat Waffenexporte nach Saudi-Arabien gegen massive Kritik aus der Opposition verteidigt. Regierungssprecher Steffen Seibert nannte das Königreich am Montag einen „Stabilitätsfaktor in der Region“. Über den Export von Kriegswaffen in das wegen Menschenrechtsverletzungen kritisierte Land werde aber im Einzelfall entschieden.
Zu den jüngsten Berichten über eine saudische Anfrage nach mehreren hundert deutschen Radpanzern vom Typ „Boxer“ wollte Seibert sich nicht äußern. Dabei berief er sich auf die Geheimhaltungspflicht für die Beratungen im Bundessicherheitsrat, dem Entscheidungsgremium der Regierung für Rüstungsexportgeschäfte.
Die Opposition warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel eindringlich vor neuen Waffengeschäften mit Saudi-Arabien. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles nannte die angeblichen Pläne unverantwortlich. Sie zeigten, dass sich Merkel um Menschenrechte nicht groß kümmere. Die SPD werde im Fall eines Bundestagswahl-Siegs 2013 eine Beteiligung des Bundestags an der Genehmigung deutscher Rüstungsexporte gesetzlich auf den Weg bringen.
Grünen-Chefin Claudia Roth warf der CDU-Chefin in der „Süddeutschen Zeitung“ „einen radikalen Paradigmenwechsel“ in der Außenpolitik“ vor. Merkel bewege sich „hin zu einer Doktrin, die auf Waffen und Militär setzt“. Damit mache sie sich zur „Kumpanin von Menschenrechtsverletzern, im Fall von Saudi-Arabien sogar von militanten Fundamentalisten“. Ähnlich äußerte sich Linken-Vize Jan van Aken. „Angela Merkel macht Außenpolitik mit der Waffe in der Hand.“
Nach einem „Spiegel“-Bericht hat sich der Bundessicherheitsrat in der vergangenen Woche mit einer Anfrage Saudi-Arabiens nach Lieferung von mehreren hundert „Boxer“ beschäftigt, die Entscheidung aber vertagt. Das Königreich soll auch Interesse an der modernsten Version des Kampfpanzers „Leopard 2“ haben, die vor allem zur Bekämpfung von Aufständen geeignet ist. Merkel hatte in einer Rede im Oktober klargemacht, dass sie verstärkt auf Rüstungsexporte in vertrauenswürdige Staaten setzen wolle – konkrete Länder nannte sie allerdings nicht.
Als Beleg für die stabilisierende Rolle Saudi-Arabiens nannte Regierungssprecher Seibert die Verdienste Riads bei der Suche nach einer friedlichen Lösung der Krise im Jemen und die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus, die „produktiv und wichtig“ sei.
2011 wurden Kriegswaffen im Wert von 30 Millionen Euro aus Deutschland nach Saudi-Arabien exportiert. Genehmigt wurden Ausfuhren für insgesamt 140 Millionen Euro. Für das streng islamische Land sind unter anderem Bodenstationen für unbemannte Fluggeräte, Kampfflugzeug-Teile und Munition etwa für Granatwerfer, Haubitzen oder Mörser bestimmt. Seibert betonte, dass es sich bei allen Genehmigungen um Einzelfallentscheidungen handele. „Es gibt keine Automatismen.“
Forderungen der Opposition nach mehr Transparenz bei der Genehmigung von Rüstungsexporten wies Seibert zurück. „Die Bundesregierung sieht keinen Grund, an dieser Staatspraxis, die seit Jahrzehnten geübt wird, etwas zu ändern“, sagte er. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, will die Geheimhaltungspflicht für Beschlüsse des Bundessicherheitsrats allerdings ebenfalls auf den Prüfstand stellen. „Man muss über die Fragen grundsätzlich öffentlich reden können“, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.
Vom Bundessicherheitsrat genehmigte Rüstungsexportgeschäfte werden erst mit monatelanger Verzögerung im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung veröffentlicht. Begründet werden die Genehmigungen darin nicht.