Politische Taktiererei und blutige Gewalt: Während die zerstrittene Opposition weiter Einigkeit sucht, gehen die Kämpfe in Syrien weiter.
Istanbul/Beirut. Syriens Opposition will dem Regime von Baschar al-Assad nun auch politische Stärke entgegensetzen. Hunderte Aktivisten begannen am Sonntag in Doha, der Hauptstadt des Golfstaates Katar, viertägige Beratungen. Sowohl der Westen als auch arabische Ländern fordern, dass die völlig zerstrittenen Gruppen endlich eine vereinte Opposition bilden. Derweil dauerten in Syrien die Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen weiter an. In Israel wurden die Streitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, nachdem drei syrische Panzer auf den Golan-Höhen in die demilitarisierte Zone zwischen beiden Ländern eingedrungen waren.
Die Regimegegner beraten in Doha hinter verschlossenen Türen, wie eine gemeinsame Oppositionsfront aussehen könnte. Die USA fordern, dass neben dem im Exil gegründeten Syrischen Nationalrat (SNC) auch Angehörige der Revolutionskomitees sowie junge Aktivisten eine größere Rolle spielen. Der SNC ist skeptisch und befürchtet, an Einfluss zu verlieren. Als möglicher Chef einer Übergangsregierung nach einem Sturz von Assad wird der Oppositionspolitiker Riad Seif gehandelt. Er gehört dem Syrischen Nationalrat an. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte mit Blick auf das Treffen: „Nur eine geeinte Opposition ist eine glaubwürdige Alternative zum Assad-Regime.“ In einer am Sonntag vom Auswärtigen Amt verbreiteten Erklärung betonte er: „Dafür ist eine inklusive Plattform aller Syrer vonnöten, die den Weg in einen politischen Prozess hin zu einem geeinten, demokratischen, neuen Syrien aufzeigt.“
Im Libanon warnte derweil Frankreichs Präsident François Hollande vor einer Ausweitung des Konflikts. Nach einem Treffen mit dem Präsidenten Michel Suleiman in Beirut versicherte er, Frankreich werde sich mit aller Macht jedem entgegenstellen, der den Libanon destabilisieren wolle. Die Ermordung eines syrienkritischen Geheimdienstgenerals bei einem Bombenanschlag in Beirut hatte vor wenigen Wochen blutige Unruhen ausgelöst.
In Syrien geht die Gewalt Tag für Tag weiter. Nach Angaben von Aktivisten starben am Wochenende mindestens 270 Menschen. Bei einem Bombenanschlag in der Hauptstadt Damaskus wurden nach Angaben staatlicher Medien mindestens sieben Menschen verletzt. Wie die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, detonierte der Sprengsatz auf dem Parkplatz eines Gewerkschaftsgebäudes der Regierung in der Innenstadt. Auch Aktivisten bestätigten die Explosion in der Nähe des Dama Rose Hotels, wo sich regelmäßig internationale Delegationen aufhalten. Zuletzt hatte dort der UN-Syrienvermittler Lakhdar Brahimi politische Gespräche geführt.
Die Opposition meldete zudem, dass Kampfflugzeuge die Region von Al-Ghuta im Umland von Damaskus unter Beschuss genommen haben. Im Norden des Landes habe es erneut heftige Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen gegeben. In der Provinz Rakka erschossen Bewaffnete laut Sana ein führendes Mitglied der regierenden Baath-Partei in dessen Haus. Die Aufständischen hatten am Sonnabend in Idlib eine Offensive gegen einen wichtigen Stützpunkt der Luftwaffe gestartet. Unter Einsatz von Panzerfäusten und Raketenwerfern versuchten sie, den Militärflughafen Taftanas von mehreren Seiten zu stürmen, wie die in London ansässige Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Die Armee drängte die Rebellen nach Angaben von Sana zurück.
Zwischenzeitlich schien der Konflikt sich auch auf Israel auszuweiten. Dort wurden die Streitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Drei syrische Panzer drangen nach Angaben der israelischen Armee bei Kämpfen mit Oppositionellen auf den Golan-Höhen in die demilitarisierte Zone zwischen beiden Ländern ein. Israel legte nach dem Vorfall Beschwerde bei den Vereinten Nationen gegen die Verletzung des Waffenstillstandsabkommens von 1974 ein.