Außenminister Guido Westerwelle rechnet mit einem lange andauernden Bürgerkrieg. Angst vor Militärschlag gegen Iran wächst.
Damaskus/Jerusalem. Der Bürgerkrieg in Syrien, die Flüchtlingskatastrophe in den Nachbarländern und ein drohender Militärschlag Israels gegen den Iran befeuern auch die politischen Auseinandersetzungen um eine Lösung dieser Konflikte. So hat Russland die Syrienpolitik des Westens einer harschen Kritik unterzogen. Die Sanktionen der USA und der Europäischen Union (EU) gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad würden zunehmend auch russische Unternehmen und Banken schädigten, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem Treffen des Asien-Pazifik-Forums (APEC) in Wladiwostok.
Seine amerikanische Amtskollegin Hillary Clinton sieht eine Einigung mit Moskau auf eine Lösung des blutigen Syrienkonflikts in weiter Ferne.
Russland und China blockieren allerdings als Vetomächte im Weltsicherheitsrat umfassendere Sanktionen gegen Damaskus. Bei einem Treffen in Paphos (Zypern) verständigten sich die EU-Außenminister darauf, die Sanktionen weiter zu verschärfen. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte, es werde vor allem um Maßnahmen gegen den Finanzsektor gehen. Zugleich rechnet die EU nicht mehr mit einem schnellen Sturz des Assad-Regimes.
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Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte bei einem Besuch des Flüchtlingslagers Saatari in Jordanien: "Man muss sich leider darauf einstellen, dass der Konflikt noch Wochen, vielleicht Monate dauern kann." Deshalb gehe es auch darum, die Zeltstadt an der Grenze zu Syrien "winterfest" zu machen. Angesichts von mehr als 200 000 Flüchtlingen aus Syrien wolle Deutschland seine humanitäre Hilfe um zwei auf 24 Millionen Euro aufstocken, sagte Westerwelle. Er sprach sich erneut dafür aus, den Flüchtlingen vor Ort zu helfen. Grundsätzlich sei aber auch Deutschland zur Aufnahme von Syrern bereit.
Dass sich die Anzeichen auf einen möglichen Militärschlag gegen den Iran verdichten, konnte Außenminister Westerwelle in Israel spüren. Ursprünglich war sein Treffen mit Verteidigungsminister Ehud Barak mit einer großen Delegation vorgesehen. Doch die beiden Minister unterhielten sich nur unter vier Augen. Westerwelle sagte, die Lage sei " sehr ernst".
Der Bundesnachrichtendienst (BND) überließ nach Informationen des "Spiegels" den Aufständischen der Freien Syrischen Armee (FSA) 200 Medipacks Sanitätsmaterial zur medizinischen Erstversorgung. Im Gegenzug hätten Gruppen des syrischen Widerstands den BND über die militärische Lage informiert. Das habe die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken in einer geheimen Verschlusssache Parlamentariern mitgeteilt.
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Die Kämpfe in Syrien gingen über das Wochenende mit unverminderter Härte weiter. Mehrere Stadtteile der nördlichen Großstadt Aleppo lagen unter schwerem Artilleriefeuer der Regimetruppen, wie die oppositionelle Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter in London berichtete.
In Aleppo kämpfen nach Worten des Mitbegründers von Ärzte ohne Grenzen zahlreiche islamistische "Gotteskrieger" aus dem Ausland. 60 Prozent der Verwundeten, die er dort in im Krankenhaus behandelt habe, seien Dschihadisten gewesen, die in Syrien einen islamischen Gottesstaat errichten wollten, sagte Jacques Meres der Nachrichtenagentur Reuters in Paris. Dies sei bei früheren Besuchen in Homs und Idlib noch nicht der Fall gewesen. Ihr Ziel sei weniger der Sturz von Präsident al-Assad als die Zeit danach. Die syrische Regierung macht vom Ausland unterstützte Terroristen für den Bürgerkrieg verantwortlich.