Einem langjährigen Mitarbeiter, mit dem er sich überworfen hatte, schickte er einmal einen riesigen, verfaulten Fisch. Lesen Sie hier mehr über den künftigen Präsidenten Obama und sein Team

Washington. Einem langjährigen Mitarbeiter, mit dem er sich überworfen hatte, schickte er einmal einen riesigen, verfaulten Fisch. Und 1996, am Abend nach der Wiederwahl von Bill Clinton zum US-Präsidenten, rasselte er auf der Siegesfeier der Demokraten eine Liste mit all jenen Namen herunter, die Clinton "verraten" hätten. Bei jedem Namen brüllte er "tot!" und rammte wuchtig sein Steakmesser in den Esstisch. "Danach sah der Tisch aus wie eine Mondlandschaft", erinnerte sich einer der Teilnehmer, "das Ganze wirkte wie eine Szene aus ,Der Pate'. Aber das ist eben Rahm".

Dass sein Mittelfinger von einem syrischen Panzer abgeschossen wurde, ist eine Legende - verantwortlich dafür war fahrlässiger Umgang mit einer Wurstmaschine - aber ansonsten hat der US-Politiker Rahm Emanuel, den Barack Obama zu seinem Stabschef macht, seinen Spitznamen "Rahmbo" hart erarbeitet. Wenn man bedenkt, dass er in seiner Jugend eine Ausbildung zum Balletttänzer und ein Angebot der renommierten Joffrey-Compagnie in Chicago erhielt!

Rahm Emanuel benahm sich als Berater von Bill Clinton derart rüde, dass Hillary Clinton ihn zeitweise kaltstellen ließ. Vertraute des 48-Jährigen versichern, der als "hyperaktiver Kampfhund" beschriebene Politiker sei mittlerweile menschlich gereift. Immerhin ist er selbstkritisch: "Manchmal wache ich morgens auf und hasse mich auch." Seinem Freund, dem früheren Innenpolitik-Experten des Weißen Hauses, dem als sanftmütig bekannten Bruce Reed, soll er das Angebot gemacht haben: "Zeig mir, wie man Politik macht - und ich zeige dir, wie man ein richtiges Arschloch wird."

Der frühere Clinton-Mitarbeiter Jose Cerda scherzte: "Jemand sollte in Washington eine spezielle Trauma-Station für all jene einrichten, die für Rahm gearbeitet haben." Allerdings sagte Bill Clinton auch über ihn: "Ich bezweifle, dass wir es ohne ihn geschafft hätten." Für seinen künftigen Posten muss er verschwiegen sein wie ein Grab - und das könnte interessant werden. Denn Clinton soll auch einmal wütend geknurrt haben, wenn er Emanuel etwas ganz im Vertrauen erzähle, könnte er auch gleich eine Pressemitteilung herausgeben.

Umstritten mag er sein, erfolgreich ist er auf jeden Fall. Rahm Emanuels Vater ist der in Jerusalem geborene Arzt Benjamin Emanuel, der einst für die jüdische Militärorganisation Irgun kämpfte; seiner Mutter Martha Shmulewitz gehörte zeitweise ein Rock-and-Roll-Klub in Chicago. Er ist Abgeordneter des US-Kongresses für Nord-Chicago, wo er auch wohnt, und Mitglied im mächtigen Haushaltsausschuss. Auf der Rangliste der demokratischen Politiker im US-Parlament rangiert er auf Platz vier. Von 1999-2002 arbeitete er für die Investmentbank Dresdner Kleinwort und soll allein in dieser Zeit rund 18 Millionen Dollar verdient haben. Die folgenden zwei Jahre saß er im Vorstand der jüngst unter Staatskontrolle gestellten Hypothekenbank Freddie Mac.

Sein hebräischer Vorname bedeutet sinnigerweise "oben, in der Höhe", sein Nachname "Gott ist mit uns". In der israelischen Armee hat er zwar nie gedient, war aber ziviler Freiwilliger in Israel im zweiten Golfkrieg.

Als Stabschef des US-Präsidenten wird Emanuel an einer Schaltstelle der Macht sitzen. Wer zu Obama will, kommt an ihm nicht vorbei. Zudem nimmt er Einfluss auf die Formulierung der Regierungspolitik. Er ist der Fäden ziehende Puppenspieler auf dem Schnürboden der Macht. "Chief of Staff" - das gilt in Washington als der zweitmächtigste Posten.

Rahm Emanuel ist tiefgläubiger Jude; als er an dem 700-Millarden-Dollar-Paket zur Rettung der US-Banken mitarbeitete, ließ er sich eine Sondererlaubnis von seinem Rabbi ausstellen, um das jüdische Neujahrsfest Rosh Hashana durcharbeiten zu können. Er wird erst der dritte jüdische Stabschef in der amerikanischen Geschichte sein.

Seine Frau Amy lernte er auf einem Blind Date kennen. Es funktionierte ganz gut: Das Paar hat drei Kinder - Zacharias, Ilana und Leah.

In seiner kargen Freizeit trainiert Rahm Emanuel als Triathlet. George W. Bush zog ihn deswegen auf. Emanuel entgegnete: "Und Sie sind doch nicht etwa einer von diesen Tri-'Bad-lethen', Mr. President? Sie wissen schon: Dampfbad, Sauna, Dusche?"

Doch so deplatziert "Rahmbos" Verhalten gelegentlich auch war; an Silvio Berlusconi reicht er nicht heran. Bei einem Treffen mit Russlands Präsidenten Dmitri Medwedew lobte Italiens Regierungschef den künftigen US-Präsidenten als "jung, ansehnlich - und sogar schön gebräunt".


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