Als Wahrheitsfanatiker war er noch nie bekannt. Auch in Umweltfragen interpretiert Russlands Regierungschef Wladimir Putin den Augenschein auf eigene Art.
Moskau. "Ökologisch gesehen ist das Wasser zwar sauber, aber aus dem Bullauge wirkt es wie eine Plankton-Suppe", meldete der Ex-Kremlchef nach einem Tauchgang rund 1400 Meter tief in den sibirischen Baikalsee. Umweltschützer sorgen sich seit Langem um das Ökosystem des Sees, das vor allem durch Industrie-Einleitungen belastet wird. Putin aber warb in dem Forschungs-U-Boot "Mir 1" per Bordfunk ausgerechnet für die Wiedereröffnung eines umstrittenen Zellulosewerks. Das Papierkombinat, das seit 1966 als ein Hauptverschmutzer des Baikalsees mit seiner einzigartigen Flora und Fauna galt, war vor Kurzem wegen hoher Schulden geschlossen worden. Aber Putin - im leuchtend blauen Arbeitsoverall - liebt Ausflüge mit solch spektakulären Bildern. Schon früher hat sich der 56-Jährige gerne medienwirksam als Kampfsportler, als Jäger seltener Tiger oder als durchtrainierter Militär inszeniert. Die Expedition im Baikalsee hatte allerdings auch einen wissenschaftlichen Hintergrund: Russische Biologen untersuchen den ältesten Süßwassersee der Erde auf Vorräte an Methanhydrat, das als Energiequelle der Zukunft gilt.