Der langjährige Dissident Chen Xi muss zehn Jahre in Haft. Der Richter habe seine 36 kritische Essays als schwere Verbrechen bezeichnet.
Peking. Die chinesische Regierung verschärft ihr Vorgehen gegen Kritiker der Politik des Landes. Ein Gericht im Südwesten des Landes verurteilte am Montag den langjährigen Dissidenten Chen Xi nach Angabe von dessen Frau wegen Anstiftung zur Subversion zu zehn Jahren Haft. Dies ist eine der härtesten Strafen für politische Vergehen seit der Verurteilung des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo vor zwei Jahren, der eine elfjährige Gefängnisstrafe verbüßt. Erst am Freitag war der Menschenrechtler Chen Wei nach einer ähnlichen Anklage zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Chen ist ein weit verbreiteter Nachnahme in China, die beiden Männer sind nicht verwandt.
Der Richter habe Chens 36 kritische Essays als schwere Verbrechen bezeichnet, berichtete seine Frau Zhang Qunxuan. Der Prozess habe nur zweieinhalb Stunden gedauert. Der 57-Jährige Mann, der auch unter dem Namen Chen Youcai bekannt ist, wolle nicht in Berufung gehen, da dies sinnlos sei. Das Gericht in Guiyang wollte sich nicht zu dem Prozess äußern.
Menschenrechtler werfen der Justiz in China vor, an einzelnen Personen ein Exempel zu statuieren, um so Nachahmer abzuschrecken. Zudem hätten sich die Behörden absichtlich die Weihnachtszeit für die Verurteilung ausgesucht, um internationale Aufmerksamkeit zu vermeiden.
Die beiden Verurteilten gehören zu Hunderten von Dissidenten, gegen die die chinesischen Behörden in diesem Jahr mit besonderer Härte vorgegangen sind. Nach den Volksaufständen gegen autokratische Regime in der arabischen Welt versucht die kommunistische Führung in Peking, Proteste im eigenen Land schon im Keim zu ersticken. Experten gehen zwar davon aus, dass eine Wende im Stil des „Arabischen Frühlings“ in China sehr unwahrscheinlich ist. Dafür müsste sich eine organisierte Opposition in den Städten wie auf dem Land formieren, die Wirtschaft kollabieren, und das Parteiensystem zusammenbrechen, so die Analysten.
Doch in der wirtschaftlich rasant wachsenden Volksrepublik wagen immer mehr Menschen, ihren Unmut über Missstände wie niedrige Löhne, Landenteignungen, Korruption und auch Umweltverschmutzung auf die Straße zu tragen. Auch wenn diese Proteste die Führung nicht direkt infrage stellen, gehen die Behörden energisch dagegen vor.