Die kanadische Ölförderung verschlechtert die Klimabilanz des Landes
Hamburg. Die Kohlendioxid-Emissionen Kanadas sind seit 1990 stärker gestiegen als in irgendeinem anderen Industrieland der OECD. Einen großen Anteil daran hat die Ausbeutung von Teersänden. "Der gestiegene Ölpreis macht diese unkonventionelle Ölgewinnung zunehmend lukrativ", sagt Christoph von Lieven, Energieexperte von Greenpeace. "Sie ist mit hohen CO2-Emissionen verbunden." Nach Angaben seiner kanadischen Kollegen stößt die Ölsandindustrie jährlich 40 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus, mehr als der kanadische Straßenverkehr.
Derzeit machen die Emissionen gut sieben Prozent des nationalen CO2-Ausstoßes aus, Tendenz stark steigend. Kanada gilt als ölreichstes Land der Welt. Die Vorkommen liegen unter weitläufigen Waldgebieten von der Größe Englands. Allerdings klebt der Rohstoff, zäh wie Bitumen, in Sandschichten fest und ist nur schwer zu gewinnen. Dennoch entwickelte sich im vergangenen Jahrzehnt eine Ölsandindustrie, die allein in der Hauptregion, der Provinz Alberta, heute täglich gut 250 Millionen Liter Öl produziert.
Es wird auf zwei alternativen Wegen gewonnen: Dort, wo die Sände nahe der Oberfläche vorkommen, wird der teerige schwarze Sand im Tagebau gefördert. Das Öl wird in einer Verarbeitungsanlage, die einer Raffinerie ähnelt, mit Wasserdampf abgetrennt. "Mit diesem Verfahren lässt sich mehr als 90 Prozent des Öls herausholen, der fast reine Sand wird wieder in den Tagebau zurückgebracht", sagt Hans-Georg Barbies von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Hannover).
Beim zweiten Verfahren beträgt die Ausbeute nur 20 Prozent: In Lagerstätten in mehr als 100 Meter Tiefe wird Wasserdampf eingeleitet, der das zähflüssige Öl aus den festen Sandschichten herauslöst. Hier wird zumindest weniger Boden bewegt. Aber auch bei diesem sogenannten In-situ-Verfahren müssen große Waldflächen Straßen und Anlagen weichen. Beide Methoden verbrauchen zur Dampferzeugung große Wassermengen und produzieren entsprechend viel ölhaltiges Abwasser. Ein Großteil wird wieder aufbereitet, ein kleinerer fließt jedoch in offene Absetzteiche, die eine Gefahr für dort landende Wasservögel darstellen. Nur mit hohem Energieaufwand lässt sich das Schweröl vom Sand trennen - ein Drittel bis zur Hälfte der gewonnenen Energie wurde zuvor in den Produktionsprozess hineingesteckt. Deshalb ist Öl aus Teersänden mit drei- bis viermal höheren Treibhausgasemissionen verbunden als konventionell gefördertes Öl. Um den CO2-Ausstoß zu senken, setzt die Ölsand-Industrie auf die CCS-Technologie, sie will das Treibhausgas auffangen und sicher im kanadischen Boden endlagern.
Doch CCS ist umstritten. Von Lieven setzt eher auf politische Lösungen und nennt als Beispiel die EU: "Eine Verordnung, die Fuel Quality Directive, soll zukünftig den Import von Öl aus unkonventionellen Quellen, das mit einem höheren Energieaufwand gewonnen wurde, ausschließen. Großbritannien ist jedoch dagegen. Es fühlt sich dem Commonwealth-Land Kanada verpflichtet."