US-Präsident fordert im Kampf gegen die Schuldenkrise auch von Deutschland mehr Engagement
Washington. Es ist nicht so, dass US-Präsident Barack Obama unbedingt nach Europa schauen müsste, um eine Schuldenkrise zu beobachten. Anfang August hatten die USA die beste Bonitätsnote verloren wegen des notorisch hohen Defizits. Doch als Obama am Montagabend Ortszeit mehr Engagement im Kampf gegen die Schuldenkrise einforderte, meinte er nicht seine Landsleute, sondern die Europäer. Solange die Euro-Krise nicht gelöst sei, bleibe die Weltwirtschaft geschwächt.
Der US-Präsident hatte fünf spanischsprachige Journalisten ins Weiße Haus geladen und ihnen seine Sorgen diktiert. "Das, was jenseits des Atlantiks oder des Pazifiks geschieht, hat gewaltigen Einfluss auf Amerika." Er ermahnte die Europäer, vor allem die großen Staaten und damit Deutschland, an einer Lösung zu arbeiten. "Letztlich müssen sich die großen Länder in Europa und deren politische Führer zusammenfinden und eine Entscheidung darüber fällen, wie sie die Währungsintegration mit einer effektiveren und abgestimmten Haushaltspolitik zusammenbringen." Eine engere Zusammenarbeit bei der Budgetplanung - das klingt ganz nach Szenarien, die zuletzt Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) entworfen hatten.
Zuletzt gab es deutliche Dissonanzen zwischen der US-Regierung und Deutschland. Die USA hatten in der vergangenen Woche immer wieder gefordert, dass die europäischen Staaten neue Konjunkturprogramme auflegen sollten. Das wurde von der Bundesregierung deutlich zurückgewiesen. Begründung: kein Geld. Die europäischen Staaten müssten zunächst mal ihre Haushalte sanieren und nicht neue Schulden aufnehmen, um die Wirtschaft zu stützen.
Dass Obama nun ebenfalls den Kampf gegen die Schuldenkrise in den Vordergrund stellte, ist aus Sicht Berlins also ein gutes Zeichen. Die Frage ist, wie lange die Harmonie anhält. US-Finanzminister Timothy Geithner wird am Freitag zum informellen Treffen der EU-Finanzminister in Breslau reisen. Am vergangenen Wochenende hatte er sich beim G7-Treffen unter anderem mit Schäuble wegen der Konjunkturprogramme gestritten.
Obama machte gegenüber den spanischen Journalisten auch eine Erwartungshaltung gegenüber Deutschland und Frankreich deutlich: Letztlich werde die Krise erst überwunden, wenn die Märkte darauf vertrauten, dass die solide wirtschaftenden Staaten in der Euro-Zone zur Unterstützung ihrer klammen Partner bereit seien, sagte Obama. Griechenland sei derzeit das dringlichste Problem. Die größten Sorgen mache er sich aber, "was in Italien und Spanien passiert, wenn die Märkte diese großen Länder weiterhin ins Visier nehmen".
Angela Merkel verabredete sich unterdessen mit Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy und Griechenlands Premier Giorgos Papandreou zu einem Krisentelefonat am heutigen Mittwoch. Unter anderem hatte Papandreou versprochen, eine Immobiliensteuer einzuführen, die bis Jahresende zwei Milliarden Euro einbringen soll. Deutschland und Frankreich wollen Papandreou auf den Zahn fühlen, wie zuverlässig die Finanzplanung ist. Bis Ende des Monats sollen EU, EZB und IWF entscheiden, ob Griechenland noch schuldentragfähig ist und die nächste Tranche über acht Milliarden Euro aus dem Hilfsprogramm erhalten kann.