Israel steckt nach dem politischen Beben im arabischen Raum in einer schwierigen strategischen Lage
Berlin. Das politische Erdbeben im arabischen Raum findet mannigfaltiges Echo in der israelischen Öffentlichkeit. Man macht sich keine Illusionen, dass es als der größte Umbruch in der Geschichte der Region seit dem Bestehen des jüdischen Staates anzusehen ist.
Dass Demokratie und Respekt für Menschenrechte in Nachbarländern die Annäherung erleichtern sollte, ist offenbar doch durch verschiedene Auffassungen darüber erschwert, wie sich Entwicklungen demokratischer Art gegenüber Israel abzeichnen könnten. Schrien nicht unlängst die Demonstranten im syrischen Daraa: "Feigling Assad! Warum schickst du nicht deine Schergen in einen Krieg mit Israel und befreist die Golanhöhen?" Junge Demokratien können leicht extremen Demagogen anheimfallen. Das Gespenst einer staatenübergreifenden Bewegung wie die der Muslimbrüder könnte Feuerbrände, neue Intifadas entfachen.
Obwohl ein neues Regime in Ägypten wohl kaum kriegslüstern wäre und auf Amerikas wichtige Wirtschaftshilfe verzichten würde, besteht die Gefahr, dass die bisherige Zusammenarbeit mit Israel an der Grenze zu Gaza enden und so der dortigen Hamas-Regierung Schützenhilfe leisten würde. Auch der Frieden mit Jordanien könnte durch radikale Elemente im Falle eines politischen Kurswechsels gefährdet werden.
Höchste Gefahr bieten die wachsenden Provokationen von Hisbollah und Syrien, finanziert und bewaffnet vom Iran. Eine vierte Intifada könnte einen regionalen Krieg gefährlichsten Ausmaßes hervorrufen.
Präsident Obamas Rückzugspolitik, das Zögern der das Westjordanland beherrschenden Fatah-Regierung, ohne die in Gaza herrschenden radikalen Hamas Verhandlungen mit Israel zu führen, und eine in sich gekehrte Politik der europäischen Länder vermindern die Chancen neuer Friedensverhandlungen. Man befürchtet, dass das israelfreundlichste Land in Europa, die Bundesrepublik, mit innenpolitischen Problemen beschäftigt, weniger Interesse für Israels schwierige strategische Lage bekunden würde.
Heute findet der European-Israeli Dialogue in Berlin statt. Mit der Veranstaltung fördern die Axel Springer AG und das Weidenfeld Institute for Strategic Dialogue den Gedankenaustausch zwischen beiden Regionen.