Hunderte von Anhängern kamen vor dem Sitz des Wahlrates zusammen und zogen zum Haus Martellys, um dessen Wahlsieg zu feiern.
Port-au-Prince. Das von Erdbeben und Armut betroffene Haiti hat den populärsten Musiker und Unterhaltungskünstler des Landes, Michel Martelly (50), zum Präsidenten gewählt.
Der Polit-Anfänger erhielt bei der Stichwahl laut vorläufigem Endergebnis 67,57 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission in der Hauptstadt Port-au-Prince mitteilte. Seine Mitbewerberin Mirlande Manigat erhielt bei der Abstimmung vom 20. März 31,74 Prozent. Im Wahlkampf waren bei Konflikten im ärmsten Land Amerikas mehrere Menschen ums Leben gekommen.
Das offizielle Endergebnis soll am 16. April veröffentlicht werden. Martelly wird der 56. Präsident in der Geschichte Haitis, das vor 200 Jahren seine Unabhängigkeit von Frankreich erlangte. Aus der gleichzeitig abgehaltenen Parlamentswahl ging allerdings die bisherige Regierungspartei Inité als Sieger hervor. Nach Angaben der Wahlkommission verfügt Inité im künftigen Parlament über 33 Sitze. 49 weitere Sitze teilen sich sechs weitere Parteien, darunter Martellys Partei Repons Peyisan, die nur drei Abgeordnete ins Abgeordnetenhaus entsendet.
Nach der Mitteilung des Ergebnisses zogen Tausende Anhänger Martellys vom Sitz des Wahlrates in Port-au-Prince zum Haus des Siegers, um dessen Triumph zu feiern. Bereits vor der Bekanntgabe des vorläufigen Resultats setzten in einigen Städten Siegesfeiern für «Tet Kale» (Kahlkopf), wie Martelly genannt wird, ein.
Der 50-jährige Martelly übernimmt nach einem langen und sehr konfliktbeladenen Wahlvorgang das Amt von René Préval, dem eine weitere Kandidatur durch die Verfassung verwehrt war. Bei Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Kandidaten kamen mehrere Menschen ums Leben. Die erste Wahlrunde im November 2010 war von Fälschungen überschattet und musste aufgrund nachträglicher Überprüfungen korrigiert werden.
Martelly hatte damals nach ersten Auszählungen hinter Prévals Kandidaten auf dem dritten Platz gestanden und war aus dem Rennen um die Präsidentschaft ausgeschieden. Es kam zu regelrechten Unruhen, da die Anhänger Martellys Préval vorwarfen, das Ergebnis zugunsten seines Kandidaten gefälscht zu haben. Auch bei der Stichwahl am 20. März kam es dem Vernehmen nach zu Unregelmäßigkeiten, weshalb die Mitteilung des vorläufigen Endergebnisses auf diesen Montag verschoben wurde.
Der neue Präsident muss das vom Erdbeben zerstörte und völlig zerrüttete Land wieder aufbauen. Die internationale Staatengemeinschaft will Haiti zehn Milliarden Dollar Hilfe zur Verfügung stellen. Erschwert wird die Lage in Haiti unter anderem durch die Heimkehr des früheren Diktators Jean-Claude Duvalier und des 2004 vertriebenen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide. Aristide meldete auch politische Ansprüche an, indem er die Wiederzulassung seiner Partei Fanmi Lavalas forderte. (dpa)