Hamburg. Marokko war bislang von den Unruhen in der arabischen Welt kaum betroffen. Bis zum vergangenen Sonntag. Da kam es zu den ersten landesweiten Protesten und schweren Ausschreitungen, auch gestern gingen Anhänger der "Bewegung 20. Februar für Freiheit und Demokratie" in mehreren Städten auf die Straße. Aber keiner der Demonstranten hat die Abdankung von König Mohammed VI. verlangt. Stattdessen forderten sie Verfassungsänderungen, Arbeit, Kampf gegen die Korruption, die Entlassung politischer Häftlinge und eine Beschränkung der Macht des Königs. Aufgerufen zu den Protesten hatten Menschenrechtsgruppen und die verbotene islamistische Bewegung "Justiz und Barmherzigkeit".
Der König hatte bereits am Vortag Reformen angekündigt, aber keine Einzelheiten genannt. Hohe Jugendarbeitslosigkeit, große Armut und Willkür nähren auch in Marokko die Unzufriedenheit. Das Land verfügt zwar über eine Parteienlandschaft und ein frei gewähltes Parlament. Die Macht der Regierung ist allerdings dadurch eingeschränkt, dass der König in allen wichtigen politischen und wirtschaftlichen Fragen das letzte Wort hat. Der Monarch ernennt auch die Minister für die Schlüsselressorts.