Der Präsident flieht mit seiner Familie aus Kairo. Oberster Militärrat übernimmt die Macht im Land
Hamburg/Kairo. Als jene erlösenden Sätze am Freitagabend endlich fielen, auf die Millionen Ägypter 18 Tage lang sehnlichst gewartet hatten, da hatte der seit fast 30 Jahren herrschende Staatschef Husni Mubarak Ägyptens Hauptstadt Kairo längst verlassen.
Er überließ es seinem Stellvertreter Omar Suleiman, seinen Rücktritt zu verkünden: "Präsident Mubarak hat sich entschieden, als Staatsoberhaupt der Republik zurückzutreten. Er hat die Macht an das Oberkommando der Armee übergeben. Möge Gott helfen!" Auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairos, wo sich Hunderttausende Menschen versammelt hatten, und in den anderen Städten des Landes, in denen demonstriert wurde, brach unbeschreiblicher Jubel aus. Der Oppositionspolitiker Mohammed al-Baradei sprach vom "großartigsten Tag meines Lebens". Das Land sei nach Jahrzehnten der Unterdrückung endlich befreit.
Am Vorabend hatte Mubarak noch in einer Fernsehansprache versichert, er werde zwar einige Befugnisse an Vizepräsident Suleiman abtreten, aber bis zu den Wahlen im September im Amt bleiben. Millionen enttäuschte Menschen in Ägypten hatten sich daraufhin am Freitag erneut zu einem "Tag des Zorns" versammelt. Am Ende war der Druck der Straße und der Armee auf Mubarak zu stark. Zusammen mit seiner Familie floh er in einem Hubschrauber in seine Ferienvilla im Badeort Scharm al-Scheich am Roten Meer.
"Heute ist ein Tag großer Freude", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin und sprach von einem "historischen Wandel". Mubarak habe seinem Land einen letzten Dienst erwiesen. Sie freue sich mit den Menschen in Ägypten. "In ihren Augen kann man sehen, welche Kraft die Freiheit entfalten kann." Bundesaußenminister Guido Westerwelle erfuhr bei der Uno in New York, wo er den Sicherheitsrat besucht hatte, von Mubaraks Rücktritt. "Wir sind Zeuge eines historischen Umbruchs", sagte Westerwelle.
US-Präsident Barack Obama begrüßte den Rücktritt. "Aber dies ist nicht das Ende des Wandels in Ägypten, das ist ein Anfang", sagte er am Freitag in Washington. Es stünden nun schwierige Tage bevor, an deren Ende "echte" Demokratie stehen müsse. Obama rief das ägyptische Militär auf, die Rechte des Volkes zu achten. Er forderte Verfassungsänderungen, die den Weg zu freien und fairen Wahlen ebneten.
Die israelische Regierung äußerte die Hoffnung, dass der Rücktritt die friedlichen Beziehungen Ägyptens zu Israel nicht beeinträchtige: "Wir hoffen, dass der Wandel zur Demokratie ohne Gewalt vollzogen wird und dass das Friedensabkommen Bestand behält", sagte ein Sprecher.
Ägypten wird nun zunächst von einem Obersten Militärrat unter dem bisherigen Verteidigungsminister Mohamed Hussein Tantawi geführt. Der arabische Nachrichtensender al-Arabija meldete, das Gremium werde die Regierung und das Parlament entlassen. Der Militärrat wolle das Land gemeinsam mit der Spitze des ägyptischen Verfassungsgerichts regieren.