Der langjährige Gouverneur Kaliforniens verlässt die Polit-Bühne - und hinterlässt einen bankrotten Bundesstaat
Washington. Seit Montagmorgen elf Uhr Westküstenzeit ist Arnold Schwarzenegger, 63 - verheiratet, vier Kinder, vormals angestellter Gouverneur Kaliforniens - ohne Arbeit und kann wieder nach Herzenslust Geld verdienen. Mit dem Amtseid seines Nachfolgers Jerry Brown erlischt der symbolische Einkommensverzicht, den der Hollywood-Star und Immobilienmagnat sich zu Beginn seiner ersten Amtszeit 2003 auferlegt hatte: Schwarzenegger stiftete sein mageres Jahresgehalt in Höhe von 174 000 Dollar dem Staat, übernahm seine Pendlerspesen zwischen Los Angeles und Sacramento im Privatjet und überstellte sein Vermögen einem Fonds.
Endgültig zum lausigen Zuschussgeschäft wurde seine politische Karriere durch mehr als 25 Millionen private Dollar, die seine Wahlkämpfe verschlangen. Seine Gegner weisen verbittert darauf hin, dass Mitleid dennoch fehl am Platz sei. Denn dem Staat, nicht dem steinreichen Schwarzenegger, droht der Bankrott.
Auf 20 Milliarden Dollar hat sich das Haushaltsdefizit Kaliforniens seit 2003 verdoppelt, als der Republikaner Schwarzenegger Gouverneur Gray Davis im "Recall"-Wahlkampf als unfähigen Manager und Büttel der Gewerkschaften schmähte. Die drohende Pleite, sinkende Kreditwürdigkeit und eine mit 12,4 Prozent über dem US-Durchschnitt (9,6) verharrende Arbeitslosenquote sind Hinterlassenschaften, die Schwarzenegger politisch zu verantworten hat, selbst wenn er sie nicht alle verschuldet hat. Nur jeder dritte Kalifornier erkennt überhaupt irgendeine Leistung des Mannes an, etwa für die Durchsetzung parteiübergreifender Vorwahlen oder für das strengste Umweltgesetz der USA. Nicht einmal die mutige Gefängnisreform, die Jugendliche und Täter mit gewaltlosen Delikten aus den überfüllten Haftanstalten heraushält, honoriert die Mehrheit.
Zuverlässig verdarb es sich der Gouverneur, der den ritualisierten Parteienzwist für die Erbsünde des Landes hält, mit Republikanern wie Demokraten. Die Linke verprellte Schwarzenegger, als er wild wuchernde Pensionsansprüche von staatsangestellten Polizisten, Feuerwehrleuten, Krankenschwestern und Gefängnisaufsehern beschnitt. Mit seinen Parteifreunden, denen er zu unideologisch war, überwarf er sich durch Steuererhöhungen und grünen Aktivismus. Am Ende wurde ihm seine Überparteilichkeit dadurch vergolten, dass er in keiner Partei verlässliche Verbündete hatte und beide Lager nur im Zorn der Wähler auf den Gouverneur einte. "Man muss durch ein Labyrinth gehen", erklärte er die Zumutungen kalifornischer Politik, "dann durch ein Minenfeld, dann über einen Hinderniskurs - man wird ein Athlet." Ein Athlet, der niemals siegen kann.
Alle Gouverneure des am wenigsten regierbaren Staates der Union scheiterten bislang - ihr Erfolg bemisst sich nach dem Grad ihres Scheiterns. Landkreise und Städte wetteifern darin, einander mit Ansprüchen an den Staat zu lähmen. Eine Unzahl von Volksentscheiden geben Kalifornien eine schweizerische Direktheit des Volkswillens, aber ohne den eidgenössischen Zusammenhalt.
Teure Kampagnen ringen um die Rechte von Transsexuellen oder die Schwulenehe, während das von Demokraten dominierte Parlament in Sacramento acht Monate lang den Staatshaushalt berät, ohne sich einigen zu können. Schwarzenegger verzweifelte an dem Gezänk und versuchte, durch Volksentscheide am Parlament vorbei zu regieren. Das gelang selten, das Volk stimmte gegen Sacramento, also auch gegen ihn. Zuletzt lehnte es ab, die Erhöhungen der Einkommens-, Mehrwert- und Automobilsteuer über das Jahr 2011 hinaus zu verlängern.
Gouverneuren wird traditionell eine 100-Tage-Frist eingeräumt, um ihre ehrgeizigsten Pläne umzusetzen. Jerry Brown, 71, diente Kalifornien von 1975 bis 1983 schon einmal als Gouverneur. Zu einer Zeit, als der Bodybuilder Schwarzenegger seiner Filmfigur Conan der Barbar sein Austro-Amerikanisch beibrachte, rief Brown eine "Ära der Begrenzungen" aus. Aus heutiger Sicht, da er nur tiefe Schnitte versprechen kann, ein Luxus. Bis zum 10. Januar will der Gouverneur seinen Haushaltsentwurf vorlegen, innerhalb von zwei Monaten will er den Haushalt verabschiedet sehen. Gestern lud Jerry Brown die Wähler zu Gratis-Hotdogs vor das Kapitol in Sacramento, von heute an wird nur noch gespart. Er will ein Beispiel geben, indem er den Stab der Staatskanzlei um ein Viertel kürzt und den (von Schwarzenegger eingeführten) Inspector General, der über die Staatsfinanzen wacht, einspart. Doch das sind Peanuts. Und die Republikaner haben schon Widerstand gegen jegliche Steuererhöhungen angekündigt.
Der Arbeitslose Arnold Schwarzenegger wird nun kräftig verdienen. An Angeboten aus der Wirtschaft und selbst aus Hollywood herrscht angeblich kein Mangel; sein Vortragshonorar dürfte sechsstellig sein. Manche sehen ihn im US-Senat. Zum Actionhelden taugt der Gouverneur nach seinem ehrenwerten Scheitern nicht mehr. "Ich habe keine Pläne", antwortete er auf entsprechende Fragen. Man wird von ihm hören.