Evangelikale Christen wollen Botschaft an Islamisten senden. US-General Petraeus warnt vor schweren Konsequenzen
Hamburg/Washington. "Zehn Gründe, den Koran zu verbrennen" zählt eine kleine christliche Sekte in den USA auf ihrer Website auf. Doch das Dove World Outreach Center in Gainesville im US-Bundesstaat Florida belässt es nicht dabei, das Buch der Muslime als "unheilig" und "vom Teufel" stammend, die Lehren des Islam als "dämonisch" zu bezeichnen und seinem Propheten Mohammed jeglichen Respekt zu verweigern. Pastor Terry Jones und sein halbes Hundert Getreuer sind auch noch nicht zufrieden damit, allen Muslimen ewiges Höllenfeuer anzudrohen, falls sie nicht von ihrem Irrglauben abfielen und bereuten.
Die Gemeinde will am 11. September, dem neunten Jahrestag der Terrorakte von 2001 in den USA, Korane öffentlich verbrennen - "um den radikalen Elementen des Islam eine klare Botschaft zu schicken", wie Jones erklärte. Dem "Houston Chronicle" sagte der Pastor, der Islam sei "eine Religion der Unterdrückung" und der Koran "ein gefährliches Buch". Seine Gemeinde hasse den Islam, weil er hasserfüllt sei. Die USA dürften sich nicht länger von den Drohungen der Radikalislamisten dominieren lassen.
Die Ankündigung hat im Westen wie in der islamischen Welt Entsetzen ausgelöst. In Indonesien demonstrierten Tausende Muslime vor der amerikanischen Botschaft und drohten mit einem "Heiligen Krieg", falls es zu der Verbrennung käme. In Afghanistans Hauptstadt Kabul verbrannten Hunderte aufgebrachter Demonstranten eine Jones-Puppe und skandierten "Tod den USA". Die US-Botschaft in Kabul hat die geplante Aktion scharf kritisiert.
Der amerikanische Oberbefehlshaber am Hindukusch, General David Petraeus, äußerte sich gegenüber US-Medien sehr besorgt. Die Koran-Verbrennung könnte "ganz erhebliche Probleme für die amerikanischen Truppen in Übersee" nach sich ziehen, warnte der Viersterne-General. "Es könnte Soldaten in Gefahr bringen, und es könnte die gesamten Anstrengungen in Afghanistan gefährden". Petraeus sagte weiter, Korane zu verbrennen sei "genau die Art von Handeln, die die Taliban benutzen würden. Dies würde aber nicht nur in Afghanistan erhebliche Probleme verursachen - "sondern überall auf der Welt, wo wir mit der islamischen Gemeinschaft zu tun haben".
Einer seiner Stellvertreter, US-Generalleutnant William Caldwell, sagte im Sender CNN, der Vorgang habe bereits "eine Menge Diskussionen und Sorge" unter den Afghanen ausgelöst. Eine Koran-Verbrennung würde den ganzen Auftrag in Gefahr bringen, "den wir hier auszuführen versuchen". Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte besorgt, dies stünde "im Widerspruch zu allen Werten, für die wir in Afghanistan kämpfen".
Der Imam einer Moschee in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia sagte, Jones habe sich stets damit gebrüstet, den Koran nie gelesen zu haben, also könne er auch nicht wissen, dass dieses Buch einige der schönsten Passagen über Jesus Christus, Moses, Abraham und die ganzen Propheten enthalte, von denen er in der Bibel lese. Die beste Strategie wäre, Jones zu ignorieren - "so wie wir Leute ignorieren, die an Straßenecken erzählen, das Ende der Welt sei nah".
Die National Association of Evangelicals", eine Vereinigung evangelikaler Christen in den USA, rief das "Dove World Outreach Center" Jones dazu auf, die Verbrennung abzusagen, da sie weltweite Spannungen zwischen Christentum und Islam auslösen könnten. Für die Nacht vor der geplanten Aktion haben christliche, muslimische, jüdische und hinduistische Gemeinden in Gainesville eine gemeinsame "Zusammenkunft für Frieden, Verständigung und Hoffnung" organisiert.
Ungeachtet aller Proteste und Warnungen will die Sekte an ihrer Aktion festhalten. Pastor Jones sagte, zwar denke er über die Aktion nach und wisse auch, dass sie andere Menschen verletze. "Ich fühle mich auch verletzt, wenn sie die amerikanische Fahne verbrennen, ich fühle mich auch verletzt, wenn sie die Bibel verbrennen. Aber wir glauben, dass die Botschaft, die wir ihnen zu senden versuchen, wichtiger ist als verletzte Gefühle von Menschen." Möglicherweise könnte allerdings ein Gericht auf Bezirks- oder gar Bundesstaatsebene die Verbrennung noch verbieten.
Für diesen Fall allerdings ist wiederum mit Konsequenzen zu rechnen. Denn zum Entsetzen von Millionen amerikanischer Patrioten ist das Verbrennen amerikanischer Fahnen als Mittel der freien Meinungsäußerung vom Supreme Court in Washington höchstrichterlich gestattet worden. Wenn dafür aber nun die Verbrennung von Koranen verboten werden würde, dann würde das die Ultrapatrioten auf die Barrikaden treiben.