Der erzkonservative Fernsehmoderator Glenn Beck mobilisiert in Washington die Massen gegen den US-Präsidenten Barack Obama.
Hamburg. "Glenn Beck ist Satans geistig behinderter jüngerer Bruder." Für viele liberale Amerikaner und Anhänger von US-Präsident Barack Obama hat der Bestseller-Autor Stephen King mit diesem rüden Satz das ultimative Urteil über das neue Sprachrohr der amerikanischen Rechten gefällt.
Diese wiederum feiern den prominenten Fernseh- und Radiomoderator Beck als Retter der nationalen Würde und Werte.
Glenn Beck war auch der Organisator der Massendemonstration am Wochenende in Washington unter dem Motto "Restoring Honor" (Ehre wiederherstellen), bei der mehrere Zehntausend Ultrakonservative, streng Religiöse und Superpatrioten am Lincoln Memorial aufmarschierten.
Angeführt wurden die wütenden Proteste gegen Obama und seine Politik von Beck und Sarah Palin, der Polit-Ikone der Rechten. Die gescheiterte Vizepräsidentschaftskandidatin rief der Menge zu: "Möge dieser Tag den Wandel markieren!" Palin appellierte an die Menschen, Amerika "wiederherzustellen". Im Wahlkampf hatte die frühere Gouverneurin von Alaska weltweit Spott und Kritik auf sich gezogen, als sie erklärte, auch in der Außenpolitik versiert zu sein, da sie an klaren Tagen bis nach Russland blicken könne.
Zusammen mit Glenn Beck beschwor sie die traditionellen amerikanischen Werte und ein gottgefälliges Leben. Beck wurde in Washington umjubelt; bei seinen Kritikern erntete er jedoch herbe Kritik für seine Entscheidung, die Proteste bewusst auf jenen Tag und an jenen Ort zu legen, an dem der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King vor 47 Jahren seine legendäre "Ich habe einen Traum"-Rede gehalten hatte. Beck erklärte diese Datumswahl abwechselnd zum Zufall und zur göttlichen Fügung. Tatsächlich wollte der Moderator wohl geschickt am sozialrevolutionären Mythos teilhaben, der mit dem Namen Martin Luther King verbunden ist.
Glenn Beck, Nachfahre deutscher Einwanderer, ist unter anderem Moderator einer nach ihm benannten Show des erzkonservativen Senders Fox News, die mit mehr als acht Millionen Zuschauern eine der höchsten Einschaltquoten in den USA hat. Zudem ist er Autor mehrerer politischer Bestseller, in denen er seine Weltsicht propagiert. Fünf von ihnen schafften es auf Platz eins der "New York Times"-Bestsellerliste. Der rechte Demagoge gilt als einer der unversöhnlichsten und gefährlichsten Gegner von Obama. Beck, der früher am Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom sowie an Drogen- und Alkoholsucht litt, glaubt, dass progressive Politik wie unter Obama jenes Amerika zerstört, "wie es einst gedacht war".
Vor allem wendet sich Beck gegen Obamas Gesundheitsreform, gegen die Kontrolle von Waffen sowie jegliche Klimaschutzprogramme, da er vehement bestreitet, dass der Klimawandel von Menschen verursacht sei. Migranten bezeichnete er als Sicherheitsrisiko für die USA. Im März 2009 hatte Beck in seiner Show zu schluchzen angefangen, da er so um sein Land fürchte. Diese Szene hatte eine erbitterte Debatte um die Frage ausgelöst, ob Becks Tränen echt oder geheuchelt waren.
Auch bei seinem Auftritt in Washington kämpfte Beck wieder medienwirksam mit den Tränen. Die meisten Demonstranten waren Anhänger der konservativen "Tea Party"-Bewegung, die eine Wiederwahl Obamas verhindern will. Ihren Namen hat sie von der "Boston Tea Party" 1773, bei der amerikanische Revolutionäre im Hafen von Boston englischen Tee ins Wasser warfen, um damit gegen den als Tyrannen empfundenen englischen König und seine Tee-Steuer zu protestieren. Der Bezug ist augenfällig: Die "Tea Party"-Bewegung wendet sich gegen höhere Steuern und zu viel Kontrolle seitens der Obama-Regierung.
Glenn Beck, der vom britischen Kunstmagazin "ArtReview" 2009 zu den 100 einflussreichsten Menschen der Erde gerechnet wurde, nennt Obama einen "Sozialisten und Rassisten mit notorischem Hass auf Weiße". Im März rief er alle Christen dazu auf, ihre Kirchen zu verlassen, sobald dort über soziale Gerechtigkeit gepredigt werde. Denn dies sei ein Codewort für Kommunismus und Faschismus. Obama und den früheren US-Vizepräsidenten und Friedensnobelpreisträger Al Gore zählt er zur "Verbrecher-AG" der USA. Becks Sendezeit wird von mehr als 200 US-Firmen boykottiert.
Fox-Chef Roger Ailes vergleicht Becks Sendung angeblich mit dem legendären "Alamo" - jenem texanischen Fort, das 1836 von der zahlenmäßig weit überlegenen mexikanischen Armee belagert und nach erbittertem Kampf erobert wurde. "The Alamo", dessen Geschichte unter anderem mit John Wayne in einer Hauptrolle verfilmt wurde, steht als amerikanischer Mythos für heldenhaften Widerstand selbst im Angesicht der Aussichtslosigkeit.
Ob Glenn Beck, der auf ein Jahreseinkommen von rund 30 Millionen Dollar geschätzt wird, eines Tages selber in die Politik wechseln wird, ist unsicher. Jedenfalls erklärte er einmal in einem Interview, sein Programm sei reines "Entertainment", Politik bedeute ihm einen "Scheißdreck".