Es gibt Demonstrationen für und gegen das nahe Ground Zero geplante Gebäude
Hamburg/New York. Der 19-jährige Amerikaner Francisco Patino hatte ein neuartiges Tandem entwickelt und stellte es 2006 in der US-Reality-Show "American Inventor" vor, die amerikanischen Erfindergeist zelebriert. Patino fiel dem Baulöwen Sharif al-Gamal auf, Sohn eines Ägypters und einer Polin. Al-Gamal dachte gerade über den geeigneten Standort für ein Islamisches Zentrum mit großer Moschee in New York nach, da die von ihm frequentierte lokale Moschee jeden Freitag hoffnungslos überfüllt war. Der Vorstandsvorsitzende des Baukonzerns Soho Properties sah Patino im Fernsehen und mochte den Jungen spontan. Er lud ihn ein, drückte ihm eine Karte von New York in die Hand und forderte ihn auf, ihm einen geeigneten Standort für das Islamische Zentrum auszusuchen.
Unter den Vorschlägen, die der 19-Jährige schließlich unterbreitete, war auch das Gebäude der ehemaligen Burberry-Mantel-Fabrik, das brachlag, nachdem es von Teilen eines der entführten und in das World Trade Center gesteuerten Flugzeuge getroffen worden war. Al-Gamal prüfte die Immobilie, deren Marktwert einmal bei 18 Millionen Dollar gelegen hatte und erwarb sie schließlich für den Schnäppchenpreis von 4, 85 Millionen Dollar. "Bei diesem Grundstück blieben wir am Ende hängen", sagte der Baulöwe. "Es sollte so sein." Die kuriose Vorgeschichte des erbitterten Moschee-Streits wurde von der Londoner "Times" enthüllt.
Noch gibt es gar keine detaillierten Architektenpläne für das umstrittene Bauprojekt, noch ist nicht einmal die Finanzierung des 15 Stockwerke hohen, auf 100 Millionen Dollar veranschlagten Objekts gesichert, da zerreißt die emotional geführte Debatte buchstäblich die USA.
Dass Muslime hier am Park Place 49-51, nur zwei Querstraßen von Ground Zero entfernt, eine Moschee errichten wollen, die bis zu 2000 Gläubige fassen soll, dass hier ein muslimisches Zentrum mit Vortragssaal, Schwimm- und Basketballhallen sowie Kunstgalerie aufragen soll, stößt bei 70 Prozent der Amerikaner auf heftige Abwehr.
Treibende Kraft beim Bau des "Cordoba-Hauses" ist neben Al-Gamal der in Kuwait geborene New Yorker Imam Feisal Abdul Rauf. Die Debatte läuft verbal zunehmend aus dem Ruder, wie die Demonstrationen der vergangenen Tage zeigten. Ground Zero, wo die meisten der 2976 Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 starben, ist für viele Amerikaner geheiligter Boden. Noch immer werden bei Bauarbeiten Körperteile gefunden. Die Bilder der einstürzenden Zwillingstürme des World Trade Centers, die entsetzlichen Szenen der aus den 410 Meter hohen Gebäuden springenden Menschen, die vor dem Feuertod flüchteten, haben sich ins Gedächtnis gebrannt.
Präsident Barack Obama machte dabei eine wenig souveräne Figur, als er das Projekt erst verteidigte, um dann, angesichts eines landesweiten Proteststurms, zu erklären, zur Weisheit des Planes habe er sich gar nicht geäußert. Das Schwanken schadet ihm: Fast ein Viertel der Amerikaner glaubt, dass Obama Muslim ist und daher solche Positionen vertritt. Das Weiße Haus sah sich am Wochenende gezwungen, offiziell zu erklären, dass er Christ sei.
Befürworter und Gegner des Bauvorhabens gehen auf die Straße - vorsorglich getrennt von der Polizei, die angesichts der aufgeheizten Stimmung blutige Zusammenstöße fürchtet.
Die Befürworter berufen sich auf die Religionsfreiheit; so meinte New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, das Streben nach Religionsfreiheit sei eine Ursache für die Gründung der USA gewesen. Einige der Gegner verstiegen sich derweil zu überzogenen Vergleichen. Wie der republikanische Rechtsaußen Newt Gingrich, der meinte, der Bau sei so ähnlich wie ein Nazi-Zentrum in Auschwitz. Der Streit droht, das Verhältnis vieler Amerikaner zum Islam weiter zu beschädigen. Inzwischen werden auch von den Befürwortern erste Überlegungen laut, das "Cordoba-Haus" doch an einem anderen Platz zu errichten. Der Gouverneur des Staates New York, David Paterson, hat bereits staatlichen Boden als Bauplatz dafür in Aussicht gestellt.