Warschau. Trifft der Verdacht zu, dann hat die polnische Regierung zum "Schaden der Republik" gehandelt. Und dieser Tatbestand wird in Polen mit Gefängnis von bis zu zehn Jahren bestraft. Monate nach der Flugzeugkatastrophe von Smolensk, bei der auch der polnische Präsident Lech Kaczynski starb, hat der Berliner Anwalt Stefan Hambura beim polnischen Generalstaatsanwalt Andrzej Seremet Anzeige erstattet. Hambura wirft Ministerpräsident Donald Tusk und dem damaligen Interimspräsident und heutigen Staatsoberhaupt Bronislaw Komorowski vor, auf eine Untersuchung des Unglücks gemeinsam mit den russischen Behörden verzichtet zu haben. Er handelt im Auftrag der Hinterbliebenen von Anna Walentynowicz, die bei dem Flugzeugunglück ebenfalls ums Leben kam.
Hambura beruft sich auf eine Nachricht auf der Internetseite des Premiers vom 10. April. Daraus ergebe sich, dass der russische Präsident Dmitri Medwedew in einem Telefonat mit Tusk versichert habe, dass polnische und russische Staatsanwälte gemeinsam ermitteln werden. Doch nach nur drei Tagen sei die Zusammenarbeit abgebrochen worden, sagt Hambura dem Abendblatt. Als Folge aus dem Stopp der gemeinsamen Ermittlungen halte Russland nun Informationen zum Absturz zurück, so Hambura. Er fordert eine Befragung der polnischen Regierung.
Während Hambura die Versäumnisse vor allem aufseiten der polnischen Regierung sieht, kritisiert Premier Tusk die russischen Ermittlungen zum Absturz der Präsidentenmaschine im April. "Die polnische Seite wartet auf Erklärungen, warum die russische Seite einschlägige Dokumente zurückhält", sagte Tusk. Laut Zeitungsberichten hält Moskau Unterlagen zurück, die mögliche russische Verantwortlichkeiten des Absturzes mit 96 Toten belegen könnten. Dabei könnte es um die technische Ausstattung des Flughafens und das Verhalten der Lotsen gehen.