Die Kritik an Sarkozys „nationalen Krieg“ gegen die Kriminalität ist groß. Ein Video über Polizeigewalt verschärft nun die Debatte.

Paris. Die Kritik an der harten Linie von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gegen straffällige Franzosen ausländischer Herkunft reißt nicht ab. Der sozialistische Abgeordnete Jack Lang hielt dem Staatschef vor, dass die Verfassung geändert werden müsste, um bestimmte von Sarkozy gewünschte Maßnahmen umzusetzen. Sarkozy hatte vergangene Woche angekündigt, dass Straftätern ausländischer Herkunft die französische Staatsangehörigkeit entzogen werden solle, wenn sie das Leben eines Polizisten oder einer anderen Amtsperson in Gefahr bringen.

Sarkozy hatte einen „nationalen Krieg“ gegen die Kriminalität insbesondere in Problemvierteln von Großstädten ausgerufen. Hintergrund sind Ausschreitungen in der Alpenstadt Grenoble, wo vor rund zwei Wochen auch Schüsse auf Polizisten abgegeben worden waren. Mit Blick auf die Einwanderung sprach Sarkozy zugleich von einer unzureichenden Regulierung und einem Scheitern der Integration.

Der Sozialist Lang hielt dem Präsidenten nun auf France Inter vor, ein Entzug der Staatsangehörigkeit wäre „offensichtlich im Widerspruch zu den verfassungsmäßig garantierten Prinzipien der Gleichheit aller Bürger“. Der frühere, sozialistische Justizminister Robert Badinter äußerte sich ähnlich. Sozialistenchefin Martine Aubry hatte Sarkozys Vorschläge bereits am Wochenende als „antirepublikanisch“ angeprangert.

Ein Zusammenschluss von Roma-Organisationen drohte der Regierung am Mittwoch mit einer Anzeige wegen „Aufstachelung zum Rassenhass“.

Innenminister Brice Hortefeux hatte sogar Weiterungen beim Entzug der Staatsangehörigkeit ins Gespräch gebracht. Er nannte Menschenhandel, „schwere Kriminalität“ und die Beschneidung von Frauen als mögliche Gründe für einen Entzug des französischen Passes. Laut Sarkozy sollen ab Herbst eine ganze Reihe von Maßnahmen gegen Kriminalität umgesetzt werden, darunter auch höhere Mindeststrafen bei Gewalttaten gegen Polizisten oder der häufigere Einsatz von elektronischen Fußfesseln für Wiederholungstäter. Zudem soll es für straffällig gewordene Minderjährige bei Volljährigkeit „nicht mehr automatisch“ den französischen Pass geben.

Zusätzlich angeheizt wurde die Debatte in Frankreich durch ein im Internet veröffentlichtes Video über einen Polizeieinsatz in einer Pariser Vorstadt, bei dem die Einsatzkräfte eine Sitzblockade von überwiegend schwarzen Frauen, Kindern und Männern auflösten, die gegen die vorherige Räumung der von ihnen besetzten Wohnungen protestiert hatten. Der Polizei wurde daraufhin ein extrem hartes Vorgehen insbesondere gegen schwangere Frauen und Kinder vorgeworfen, während gleichzeitig das Problem der Unterbringung der Familien nicht gelöst werde.