War Christoph Kolumbus tatsächlich Italiener? Während sicher ist, daß der berühmte Abenteurer (1451-1506) auf der Suche nach einem kürzeren Seeweg nach Asien zufällig Amerika entdeckte, ist die Frage nach seiner Herkunft bis heute offen. Um den Ursprung des erfolgreichen Seefahrers streiten sich vor allem die italienische Hafenstadt Genua und Spanien. Jetzt - kurz vor dem 500. Todestag von Kolumbus am 20. Mai 2006 - wollen Wissenschaftler mittels Gentests eindeutig seinen Geburtsort bestimmen. "Wenn wir Glück haben, werden uns die DNA-Tests den endgültigen Beweis über seine Herkunft liefern", erklärt die Molekularanthropologin Olga Rickards, die die Studie an der Universität Tor Vergata in Rom leitet.
Es handelt sich um den ersten Test weltweit, der die Frage nach dem Geburtsort von Cristoforo Colombo - wie Kolumbus in Italien heißt - klären soll. Scheint es für Laien fast unmöglich, sich derartige Untersuchungen an jahrhundertealten menschlichen Überresten vorzustellen, sind die Forscher hingegen voller Hoffnung, daß sie das Rätsel lösen.
Praktisch sieht das so aus: Spanische Wissenschaftler haben die Gebeine des Kolumbus-Sohnes Hernando exhumiert und das für die Studie nötige Chromosom Y isoliert. Da bis heute nicht sicher ist, wo sein Vater begraben ist - Teile sollen in Sevilla, andere in Santo Domingo liegen -, war es unmöglich, die DNA-Tests an dem Entdecker der Neuen Welt vorzunehmen.
Anschließend haben zwei Forscherteams in Rom und Granada jeweils etwa 250 Männer mit den Nachnamen Colombo, Colon, Colomb und Coulomb um Speichelproben gebeten - das Y-Chromosom wird nämlich nur auf männliche Nachkommen übertragen. Das Gebiet, das untersucht werden soll, erstreckt sich von Genua über Katalonien bis hin zu den Balearen.
Kolumbus selbst hatte sich nur ein einziges Mal zu seiner Herkunft geäußert: "Weil ich in Geenoba geboren wurde . . . ", schreibt er in seinem Testament. Das läßt zwar auf die ligurische Hafenstadt schließen, aber auch auf Mallorca gibt es ein Dorf mit dem Namen Genova. Die Spanier glauben hingegen, "Cristóbal Coloacuteon" für sich beanspruchen zu können, weil er sich nur in Randnotizen auf italienisch ausdrückte und ansonsten meist in kastilischer oder teilweise portugiesischer Sprache schrieb.
Mittlerweile haben schon ein paar Dutzend mögliche Nachfahren auf das Schreiben der Universität geantwortet und Speichelproben entsandt. "Jeder Test kostet etwa 100 Euro. Finanziert wird die Studie von der Universität Granada", sagt Rickards. "Aber ich würde nicht auf einen spanischen Ursprung von Kolumbus wetten", fügt sie hinzu. Alle zuverlässigen Studien und fast alle Historiker hätten schließlich keine Zweifel an der genuesischen Herkunft des Entdeckers.
"Da, wo wir mehr Varianten des Y-Chromosoms von Hernando finden, ist Kolumbus geboren", erläutert Rickards. Aber wenn in beiden Ländern gleich viele oder überhaupt keine Übereinstimmungen festgestellt werden, "dann wäre das ein Problem". Dennoch sind die Teams zuversichtlich, daß die Welt in den nächsten Monaten erfahren wird, ob nun ein Italiener oder ein Spanier Amerika entdeckt hat.