In sechs Wochen schon können die Franzosen entscheiden, ob sie Sarkozy weitere fünf Jahre als Staatschef haben wollen. Populistische Töne.

Paris. „In Frankreich gibt es zu viele Ausländer.“ Mit diesem Satz markierte Nicolas Sarkozy die Richtung im Kampf um eine zweite Amtszeit. Das war vor wenigen Tagen. Jetzt geht der amtierende Präsident im Buhlen um die rechte Wählerschaft noch einen Schritt weiter: Für den Fall seiner Wiederwahl zieht er sogar ein Schließen der innereuropäischen Grenzen in Erwägung, um den Zustrom von Einwanderern zu begrenzen. Nur eine Reform des Schengen-Abkommens zur Reisefreiheit könne ihn umstimmen, droht der konservative Politiker.

Es war auf einer riesigen Wahlkampfveranstaltung bei Paris, auf der Sarkozy am Sonntag seine Ankündigungen vorbrachte. Und sie verfehlten ihre Wirkung nicht. Während Sarkozys rechte Anhänger sich im Internet über mutige Vorschläge freuten, gab es von der Opposition und von linksregierten EU-Ländern heftige Kritik. Die Schengen-Drohung sei populistisch und anti-europäisch, sagte Luxemburgs sozialdemokratischer Außenminister Jean Asselborn der dpa und sprach von „Säbelrasseln in höchster Potenz“.

Sarkozy sozialistischer Herausforderer François Hollande warf seinem Kontrahenten vor, die EU zum Sündenbock zu machen. „Selbst die konservativen Staats- und Regierungschefs werden Nicolas Sarkozy nicht mehr empfangen, wenn er so weitermacht“, lästerte Hollandes Wahlkampfchef Pierre Moscovici. Rechter gehe es kaum.

Als Hintergrund Sarkozys rechtspopulistischer Töne gelten seine konstant schlechten Umfragewerte. Bereits in sechs Wochen steht die erste Runde der Präsidentenwahl an – derzeit würde laut Meinungsforschern klar der Sozialist Hollande gewinnen. Seine Hoffnung setzt Sarkozy nun offensichtlich auf diejenigen Franzosen, die bislang für die rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen stimmen wollen. Die Vorsitzende der Front National kam in Umfragen zuletzt auf 17 Prozent.

„Schengen infrage zu stellen, zu schwächen oder kaputtzuschlagen, um den Wählern der Nationalen Front zu gefallen, das ist anti-europäisch und populistisch“, kommentierte der Luxemburgs Außenminister Asselborn.

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Gleichzeitig verwies er aber darauf, dass Sarkozys Aussagen in erster Linie Wahlkampfgetöse seien. Die EU-Kommission hat bereits im vergangenen Jahr einen Reformvorschlag vorgestellt, um die Regeln im Schengen-Raum zu reformieren. Und Sarkozy will die Mitgliedschaft nur dann aussetzen, wenn es innerhalb von zwölf Monaten keine Bewegung in dem Prozess gibt. Länder wie Deutschland oder Österreich hat er grundsätzlich auf seiner Seite.

Bundeskanzler Angela Merkel, die Sarkozy ihre Unterstützung im Kampf um eine zweite Amtszeit zugesichert hat, bemühte sich, nicht in den Streit hineingezogen zu werden. Zu Diskussionen im französischen Wahlkampf wolle sich die Bundesregierung nicht äußern, ließ sie Vize-Regierungssprecher Georg Streiter ausrichten. Der freie Personenverkehr zähle zu den konkretesten und größten Errungenschaften der europäischen (dpa)