Zagreb. Wundersame Vermehrung der Kriegsveteranen in Kroatien. Nach dem jugoslawischen Bürgerkrieg (1991-1995) registrierte der Staat unter großzügigster Auslegung der Gesetze 330 000 Kriegsteilnehmer. Heute sind es 501 000. Jetzt ist selbst Veteranenminister Tomislav Ivic in die Schusslinie geraten. Er soll seine eigene Frontzeit um 298 Tage verlängert haben, um zusätzliche Vergünstigungen zu erschleichen.
Vergangene Woche schlug die Veröffentlichung der seit vielen Jahren streng geheimen Liste der Kriegsveteranen wie eine Bombe ein. Internet-Freaks hatten sich die Angaben aus dem Verteidigungsministerium besorgt und ins Netz gestellt. Doch auch diese Liste soll noch nicht vollständig sein.
Die geschockten Kommentare in den Zeitungen: Wie ist es möglich, dass ein Land mit nur 4,4 Millionen Einwohnern mehr Kämpfer an die Front geschickt hat "als die Grande Armee von Napoleon Bonaparte", die in ihren besten Zeiten gut 400 000 Soldaten zählte? Dabei hatte die Regierung schon beim Verfassen des ersten Veteranenverzeichnisses nach Kriegsende im Jahr 1996 verblüffend weit gefasste Maßstäbe angelegt. Ob Koch, Putzfrau oder Schreibkraft weit hinter den Frontlinien - alle wurden auf die Liste gesetzt. "Wir haben kaum einen abgelehnt", erinnerte sich Dusan Viro als damaliger Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Dass sich Zehntausende "Lügen-Kämpfer" in die Reihen der Kriegsteilnehmer gemogelt haben, hat Gründe. Die Veteranen, die in nicht weniger als 200 Verbänden organisiert sind, erhalten bis zu 13 Privilegien. Ihre Renten sind dreimal höher als die der "Zivilisten", sie können umsonst den Nahverkehr nutzen, zollfrei Autos einführen und erhalten schneller Wohnungen. Außerdem besitzen sie Aktien in einem ihnen gewidmeten Staatsfonds.
Ein prominentes Beispiel für die zwielichtige Praxis der Veteranenverbände bietet der Ex-General und frühere stellvertretende Verteidigungsminister Vladimir Zagorec. Niemand erhielt mehr Orden für Tapferkeit, obwohl er nicht einen einzigen Tag an der Front verbracht hatte. Er war der oberste Waffenhändler der Regierung und sitzt heute wegen Veruntreuungen im großen Stil im Gefängnis.
Die konservative Regierung unter der HDZ-Partei will mit der großzügigen Vergabe des Veteranenstatus ihre Wählerschaft ködern, spekulierten die heimischen Zeitungen. Das ist nicht gerade preiswert, obwohl Kroatien mit 44 Milliarden Euro verschuldet ist, was mehr als 50 Prozent des Bruttoinlandsproduktes entspricht. Die Veteranen belasten den Staatshaushalt jährlich mit sechs Milliarden Kuna (mehr als 800 Millionen Euro).