Hamburg/Washington. Ein solche Zeremonie macht den Amerikanern einfach niemand nach. Die Unterzeichnung der Gesundheitsreform im Ostflügel des Weißen Hauses durch US-Präsident Barack Obama geriet gestern zu einer bewegenden Feierstunde. Vizepräsident Joe Biden leitete die Zeremonie mit einer Lobesrede auf Obama ein, der etwas vollbracht habe, was ganze Generationen von großen amerikanischen Staatsmännern nicht vollbracht hätten. Der "historische Tag" werde das Leben von Millionen Amerikanern verbessern, sagte Biden, der Obama umarmte.
Der Präsident hatte für die Unterzeichnung des Gesetzeswerkes zahlreiche politische Weggefährten und Mitstreiter der Demokratischen Partei ins Weiße Haus eingeladen - aber auch einfache Amerikaner, die für jene 32 Millionen US-Bürger standen, die künftig von der Gesundheitsreform profitieren sollen. Unter diesen Gästen war auch ein kleiner Junge, dessen Mutter gestorben war, weil sie sich eine gute Behandlung nicht leisten konnte.
Mehrfach wurde Obama in seiner Ansprache von frenetischem Beifall und Standing Ovations unterbrochen. Nach einjähriger Debatte werde die Vorlage endlich Gesetz, sagte Obama bei der Unterschrift. Damit ist die größte Sozialreform seit vielen Jahrzehnten in den USA in Kraft gesetzt. Den 32 Millionen bislang unversicherten Amerikanern wird nun eine Mitgliedschaft in einer Krankenkasse ermöglicht. Das 2000 Seiten starke Gesetz sieht eine weitgehende Versicherungspflicht für die US-Bürger vor; Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten müssen ihren Angestellten künftig eine Krankenversicherung gewähren.
Der Kampf ist für Barack Obama damit aber nicht vorbei: Die republikanischen Justizminister von zwölf der 50 Bundesstaaten haben angekündigt, gegen das Gesetz Klage einzureichen. Idaho und Virginia haben sogar bereits Gesetze verabschiedet, die ihre Bürger von der gesetzlichen Pflicht zum Abschluss einer Krankenversicherung befreien sollen. Ob diese Gesetze einer rechtlichen Prüfung standhalten, wird sich erst erweisen. Der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, erklärte: "Die Demokraten haben ihren Sieg errungen, aber es wird ein neuer Tag kommen."
Allerdings haben die Republikaner, die sich im Repräsentantenhaus geschlossen dem Gesetz verweigert hatten - 34 demokratische Abgeordnete hatten sich ihnen angeschlossen - nun das Publicity-Problem, dass ihre Abwehrstrategie gescheitert ist und dass viele Bürger in der nächsten Zeit die positiven Auswirkungen der Reform zu spüren beginnen werden. Die "Grand Old Party" (GOP) läuft Gefahr, von den Demokraten öffentlich als Nein-Partei vorgeführt zu werden.