US-Präsident Obama hat es geschafft: Die Gesundheitsreform wurde abgesegnet. Ihre Gegner kämpfen dennoch weiter gegen sie.
Beinahe 100 Jahre lang haben Präsidenten von Theodore Roosevelt bis Bill Clinton versucht, eine universelle Krankenversicherung in den USA einzuführen - vergeblich. US-Präsident Barack Obama hat es geschafft. Er unterzeichnet heute die bis zuletzt umstrittene Gesundheitsreform, die das Abgeordnetenhaus in der Nacht zum Montag abgesegnet hat. Rund 32 Millionen bislang unversicherte Amerikaner können damit auf eine rasche Krankenversicherung hoffen.
Staaten von Alabama über North Dakota und Texas bis Pennsylvania halten von der Reform wenig. Sie wollen vor Gericht gehen, sobald Obama seine Unterschrift unter das Gesetzeswerk gesetzt hat, erklärte der Generalstaatsanwalt von Florida, Bill McCollum. Das Gesetz zwinge Staaten wie den seinen dazu, ihre Ausgaben zu erhöhen, was eindeutig gegen die Verfassung verstoße.
Als „Angriff auf die Verfassung“ bezeichnete auch der Generalstaatsanwalt von South Carolina, Henry McMaster, die Reform in der Zeitung „Christian Science Monitor“. „Eine gerichtliche Auseinandersetzung ist für uns die einzige Hoffnung, das amerikanische Volk vor dieser beispiellosen Attacke auf die Regierung zu schützen", argumentierte McMaster. „Ich bin der Meinung, dass wir dieses Gesetz unverzüglich anfechten müssen“, drohte auch der konservative Senator John McCain (Arizona). Er lasse keine Möglichkeit außer Acht, dies zu erreichen, so McCain in einer Erklärung.
Das Weiße Haus räumte derartigen Klagen jedoch keine großen Chancen ein, erklärte Sprecher Gibbs. Der Präsident wollte das beschlossene Paket im East Wing des weißen Hauses feierlich unterzeichnen. Dazu waren all die Senatoren und Abgeordneten eingeladen, die die Reform unterstützt haben. Wenn das Gesetz unterschrieben ist, kann der Senat innerhalb der nächsten Tage über ein Paket beschlossener Änderungen befinden. Sie betreffen vor allem den Streitpunkt Abtreibung. Obama musste - auch vor Vertretern seiner eigenen Partei – starke Zugeständnisse machen und beispielsweise versichern, dass die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch auf keinen Fall von der staatlich unterstützten Krankenversicherung getragen werden.
Das in den USA stark umstrittene Thema Abtreibung hatte im Parlament für einen emotionalen Disput gesorgt. Am Montag musste sich der konservative Abgeordnete Randy Neugebauer aus Texas dafür entschuldigen, dass er einen Demokraten in der Endphase der Debatte gar als „Baby-Killer“ beschimpft hatte.
Mit der Gesundheitsreform soll erreicht werden, dass künftig 95 Prozent der US-Bürger versichert sind. Derzeit sind es 83 Prozent. Die Kosten für den Staat sind gewaltig: 940 Milliarden Dollar (696 Milliarden Euro) über zehn Jahre. Eine Grundversicherung wird für fast alle Amerikaner zur Pflicht. Versicherungen dürfen Bürger mit Erkrankungen nicht mehr abweisen. Den Konzernen ist es auch verboten, weiter Aufschläge wegen des Geschlechts oder des Gesundheitszustandes zu verlangen.
Wenn dass Gesetz in Kraft ist, wird es für Millionen Amerikaner sofort spürbare Auswirkungen haben. So bekommen alte Menschen sofort mehr Zuschüsse für ihre Arzneimittel. Studenten dürfen bis 26 Jahre in der Versicherung ihrer Eltern bleiben, bis sie eine Arbeit und damit eine eigene Versicherung haben. Bei anderen Maßnahmen müssen die Amerikaner noch etwas Geduld haben.
Der Kampf um die Gesundheitsreform tobte seit dem Amtsantritt des Präsidenten Anfang 2009 zwischen Obamas Demokraten und den Republikanern. Ein Jahr kämpften die Parteien mit harten Bandagen und allen Tricks um das Gesetz. Nach fast zwölfstündiger, hitziger Debatte stimmte das Abgeordnetenhaus in der Nacht zum Montag ganz knapp für eine Reform.