Moskau. Millionen Russen haben bei den Wahlen in den Regionen und Städten ihrem Ärger über steigende Preise, geringe Löhne und die hohe Arbeitslosigkeit Luft gemacht. Zum Teil musste die von Ministerpräsident Wladimir Putin geführte Partei Geeintes Russland heftige Einbußen hinnehmen, auch wenn sie am Ende die Macht fast überall behielt. Überraschend kam der Denkzettel nicht. Immerhin hatten zuletzt viele Menschen landesweit bei Straßenprotesten Putin dafür kritisiert, in Krisenzeiten zu viel für das "Großkapital" und zu wenig für die "kleinen Leute" zu tun.
Dass die Wahlergebnisse vom Sonntag aber mitunter sogar unter 40 Prozent für Putins Partei lagen, verwunderte einige dann doch. Die Partei hatte sich ein Ziel von mindestens 50 Prozent der Stimmen gesteckt. Fünf Monate nach den schweren Fälschungsvorwürfen etwa bei der Moskauer Stadtratswahl schien ein Appell von Kremlchef Dmitri Medwedew für "saubere Wahlen" aus Sicht von Beobachtern zu fruchten. In der sibirischen Großstadt Irkutsk am Baikalsee musste der Kandidat der Putin-Partei dem Bewerber der Kommunisten, Viktor Kondraschow, Platz machen. "Der Präsident forderte, dass die Wahlen ehrlicher ablaufen müssen - sie sind jetzt ein bisschen ehrlicher geworden", sagte der Politologe Dmitri Oreschkin. Damit habe sich die Partei weitere Proteste erspart.
Kommunistenchef Gennadi Sjuganow lobte, dass die Abstimmung viel besser gelaufen sei als die Wahlen im Oktober. Neben den Kommunisten schafften auch die anderen kremlnahen Parteien Gerechtes Russland und die Liberaldemokratische Partei des Ultranationalisten Wladimir Schirinowski den Sprung in die örtlichen Gremien.
In verschiedenen russischen Städten war es wegen gestiegener Lebenshaltungskosten, wachsender Arbeitslosigkeit sowie geringer Löhne und Renten zuletzt verstärkt zu Straßenprotesten gekommen. Kremlchef Dmitri Medwedew hatte daraufhin die Regierung angewiesen, die gestiegenen Preise etwa für Kommunaldienstleistungen auf den Prüfstand zu stellen. Putin hatte kurz vor der Wahl eine Rentenerhöhung angekündigt. Die Beteiligung bei den mehr als 6000 verschiedenen Wahlen lag nach offiziellen Angaben bei 42,6 Prozent. Unabhängige Kandidaten hatten eine systematische Ausgrenzung der Opposition und erhöhten Druck auf die Wähler beklagt.