Somalischer Islamist überfiel einen der Mohammed-Karikaturisten. Kurt Westergaard konnte sich ins Badezimmer retten. Erst Polizeischüsse setzten den Attentäter außer Gefecht.
Hamburg/Kopenhagen. Nur knapp entging Kurt Westergaard (74) einem islamistischen Mordanschlag: Als der Angreifer in sein Haus eindrang, rettete sich der dänische Karikaturist in ein zum "Panikraum" umgebautes Badezimmer und gab einen Notruf ab. Mehr als alles andere habe ihn die Angst um seine fünf Jahre alte Enkelin umgetrieben, berichtete er später. Nach Angaben der dänischen Polizei hielt sich das Kind während des Angriffs im Wohnzimmer auf. Ihr geschah nichts.
"Das war knapp, wirklich knapp", berichtete Westergaard in der Online-Ausgabe der Zeitung "Jyllandsposten", für die er arbeitet. Knapp fünf Jahre nach seiner Beteiligung an den Mohammed-Karikaturen, die in der islamischen Welt zu heftigen Protesten führten, hat Westergaard die nachhaltige Wut fanatischer Islamisten um Haaresbreite ereilt.
Bei dem Mordanschlag hat der aus Somalia stammende Attentäter offenbar auf eigene Faust gehandelt. Der 28-Jährige, der mit einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung als Asylbewerber in Seeland lebte, drang in der Nacht zum Sonnabend mit einer Axt und einem Messer bewaffnet in Westergaards Haus in Viby in Westdänemark ein, wie die Polizei mitteilte. Westergaard sagte, als er in den Panikraum flüchtete, habe der Angreifer mit der Axt auf die Tür eingeschlagen und in gebrochenem Dänisch "Rache" und "Blut" gerufen. "Es war grauenhaft."
Als die Polizei eintraf, warf der Somalier seine Axt auf einen der Beamten. Nachdem ihn Schüsse in Hand und Knie kampfunfähig gemacht hatten, wurde er überwältigt. Noch am Sonnabend ordnete ein Haftrichter in Aarhus vier Wochen Haft an, die ersten zwei in Isolationshaft. Der Beschuldigte bestritt alle Vorwürfe.
"Alles deutet darauf hin, dass er alleine handelte und vielleicht einem plötzlichen Impuls folgte", sagte der dänische Geheimdienstchef Jakob Scharf. Deshalb sei der Mann auch nur mit einer Axt und nicht mit Sprengstoff bewaffnet gewesen. Allerdings hatte der Somalier nach Informationen des dänischen Geheimdienstes PET Verbindungen zu den radikalislamischen Al-Shabaab-Milizen und zur Führung von al-Qaida in Ostafrika. Er soll vor wenigen Monaten mit Anschlagsplänen gegen US-Außenministerin Hillary Clinton in Verbindung gebracht und deshalb in Kenia festgehalten worden sein.
Die Shabaab-Milizen begrüßten den Anschlagsversuch inzwischen: Ein "somalischer Junge" habe "den Teufel angegriffen, der den Propheten Mohammed beleidigt hat", sagte ein Shabaab-Sprecher in Mogadischu. Die Gemeinschaft der etwa 16 000 Somalier in Dänemark hingegen ist geschockt. Ihr Sprecher Mohammed Gelle sagte, nach dem "schrecklichen Vorfall" solle nach den USA auch die EU die Al-Shabaab-Milizen auf die Liste der Terrororganisationen setzen.
Westergaard lebt seit Jahren mit Todesdrohungen. Schon 2008 vereitelten Geheimdienstler ein Mordkomplott gegen ihn und nahmen drei Männer aus Tunesien und Marokko fest. Westergaard, der ständig die Wohnung gewechselt hatte, sagte damals, er wolle sich nicht mehr verstecken: "Ich bin zu alt und zu starrköpfig, um mich noch zu beugen." Inzwischen wurden er und seine Enkelin an einen sicheren Ort gebracht.