Mit erhöhtem Druck wollen die Weltmächte unter Führung von Deutschland den Iran zu mehr Kooperation drängen.

Wien. Bei einer Tagung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, die am Donnerstag begann, will Deutschland über eine gemeinsam mit den USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien erarbeitete Resolution gegen das islamische Land abstimmen lassen. Dabei geht es neben offenen Fragen zu vergangenen Waffenprojekten auch um die neue Urananreicherungsanlage in Fordo bei Ghom und einen Atomdeal zur Urananreicherung im Ausland. „Wir stecken tatsächlich in einer Sackgasse, bis der Iran nicht voll mit uns kooperiert“, sagte IAEA-Chef Mohammed el Baradei und bezog sich dabei auf die Waffenprojekte.

In der ersten Resolution seit 2006 gegen den Iran wird das Land unter anderem zum sofortigen Baustopp der neuen und lange geheimen Urananreicherungsanlage in Fordo aufgefordert. Außerdem wird Teheran nachdrücklich zur Kooperation bei der Klärung von offenen Fragen gedrängt und der Atomdeal zur Urananreicherung im Ausland begrüßt. IAEA-Chef Baradei soll die Resolution als politisches Signal an den UN-Sicherheitsrat weiterleiten. Nach Einschätzung von Diplomaten in Wien unterstützen rund 20 der 35 Länder im Gouverneursrat den Vorstoß Deutschlands und der Weltmächte. Es soll wahrscheinlich am Freitag darüber abgestimmt werden.

„Es gibt keine Alternative:Iran muss das fehlende Vertrauen in den ausschließlich friedlichen Charakter seines Atomprogramms thematisieren“, sagte der deutsche Botschafter bei der IAEA, Rüdiger Lüdeking, vor dem Gouverneursrat. Das Land solle Vertrauen aufbauen und nicht Vertrauen weiter reduzieren. Die Missachtung der iranischen Verpflichtungen gegenüber der IAEAkönnten nicht ignoriert werden. Der geheime Bau der Urananreicherungsanlage lasse erneut ernste Fragen und Sorgen über die Natur des iranischen Atomprogramms aufkommen.

Das Bekanntwerden der im Bau befindlichen neuen Urananreicherungsanlage in Fordo hatte Ende September weltweit Entrüstung ausgelöst. Die IAEA beklagte die späte Mitteilung; Experten vermuteten, dass Teheran die Anlage sowieso nur öffentlich machte, weil Geheimdienste bereits davon wussten. Der Iran drohte mit dem Abbruch aller Gespräche, falls der Resolution zugestimmt werde. Die Kooperation mit der IAEA werde weitgehend eingestellt, sollte deren Gouverneursrat das Verhalten Teherans erneut verurteilen, sagte der iranische Botschafter bei der IAEA, Ali Asghar Soltanieh, der „Süddeutschen Zeitung“.

Weiterhin geht es um die Verhandlungen zwischen den Weltmächten und dem islamischen Land zur Anreicherung iranischen Urans im Ausland. Baradei verteidigte am Donnerstag den von seiner Behörde ausgearbeiteten Vorschlag an den Iran als „fair und ausgeglichen“. Nach dem Vorschlag soll der Iran schwach angereichertes Uran ins Ausland bringen und dafür stärker angereichertes Material einführen, das es für den Betrieb eines Forschungsreaktors zu medizinischen Zwecken braucht. Von seiner ursprünglichen Zustimmung war der Iran immer weiter abgerückt und hat bisher keine offizielle Antwort gegeben. Der Iran ist nach Angaben von Baradei bisher nur bereit, Uran im eigenen Land unter IAEA-Aufsicht zu tauschen und will es nicht exportieren. Zudem ist der Iran über die Zustimmung nach Einschätzung von Experten innenpolitisch zerstritten.

Auch wenn der Atomdeal inhaltlich nichts mit Fordo zu tun hat, hängen beide Themen politisch doch zusammen. Wenn der Iran auf den ursprünglichen Einigungsvorschlag eingegangen wäre, hätte es die Resolution wahrscheinlich nicht gegeben, hieß es von Diplomaten in Wien. Ein Deal mit der internationalen Gemeinschaft würde den Atomstreit mit dem Iran zwar nicht beenden, wäre aber ein wichtiger Schritt zum Aufbau weiteren Vertrauens. Irans seit Wochen ausstehende Antwort lässt immer mehr Zweifel an den wahren Absichten des Landes aufkommen.

Der zweitägige IAEA-Gouverneursrat ist das letzte Treffen unter der Führung von Baradei, der sein Amt Ende des Monats an den Japaner Yukiya Amano übergibt. Der IAEA-Gouverneursrat besteht aus 35 Ländern, die von der Generalkonferenz gewählt werden.