Mehr als 4000 Soldaten der Bundeswehr befinden sich derzeit im Einsatz in Afghanistan. Spätestens der von der Bundeswehr befohlene Angriff auf zwei entführte Tanklastwagen Anfang September hat den Einsatz der deutschen Streitkräfte am Hindukusch noch gefährlicher gemacht.

Kabul. Die Sympathie der Bevölkerung gegenüber den deutschen Soldaten droht seitdem weiter zu schwinden.

Doch gerade der Rückhalt der Afghanen gehört zum Grundgerüst des deutschen Einsatzes am Hindukusch. Immer wieder setzt die Bundeswehr daher auf vertrauensbildende Maßnahmen. Eine derartige Maßnahme war das Zusammentreffen von deutschen Soldaten mit der Dorfbevölkerung von Caqel Queslaq in den Bergen bei Faisabad. Fußbälle für die Kinder, eine Mahlzeit und Gespräche über die aktuellen Probleme mit den Dorfältesten - die Soldaten nahmen sich Zeit für ihre Nachbarn.

Aber auch solch ein Einsatz ist nicht ungefährlich. Außerhalb ihres Camps sind die Soldaten wegen der dauernden Angriffe und der ständigen Gefahr von Sprengfallen nur noch in gepanzerten Fahrzeugen unterwegs. Sie tragen Splitterschutzbrillen, um die Augen vor den Folgen einer Explosion zu schützen. Außerdem sind heruntergekrempelte Ärmel und Handschuhe vorgeschrieben, um nach Beschuss bei einer Detonation im Fahrzeuginnern Verbrennungen zu vermeiden. Nur bei den Mahlzeiten - wie hier unter freiem Himmel mit den Dorfältesten - machen sie eine Ausnahme.

Auch die Warnungen vor Selbstmordattentätern sind zur Routine geworden für die Truppe. Dabei sind die unbestätigten Hinweise nur schwer einzuschätzen und lassen sich noch schwerer in konkrete Gegenmaßnahmen umsetzen. "Manchmal haben wir Infos, dass der Attentäter mit neuen Reifen unterwegs ist, mit einem tiefergelegten Wagen, dass er eine Weste trägt oder eine blaue Burka", sagt ein Zugführer, der anonym bleiben will. "Aber das ist im Fahren schwer festzustellen, reagieren kann man nicht: Es gibt hier so viele Toyota Corollas, so viele blaue Burkas." Wenn die Soldaten auf Patrouille gehen, setzen sie den Anschlägen neben ihren schwer gepanzerten Fahrzeugen vor allem ständige Wachsamkeit entgegen. "Manchmal werden die Kinder von der Straße weggeschickt, plötzlich ist alles menschenleer", sagt der Zugführer. Das könne ein Zeichen sein, dass ein Angriff kurz bevorstehe. "Es war aber auch schon völlig anders: Da haben sich ganz viele Menschen versammelt, dann kam der Beschuss", sagt er. "Es gibt keine Regeln." Angst habe er dennoch nicht, er sei lediglich aufmerksamer. "Die Angst ist im Hinterkopf. Wenn sie im Vordergrund steht, geht's schief", sagt ein anderer Soldat.

Wenn er in ein paar Wochen zurück in Deutschland ist, wird er seiner Familie wohl nicht alles über den gefährlichen Einsatz erzählen, sagt der Zugführer. "Ich würde mich nicht mit der Familie darüber unterhalten, wie es ist, beschossen zu werden. Man muss nicht künstlich die Angst hochtreiben."