Der Iran hat wenige Tage vor den geplanten Atomgesprächen mit der Weltgemeinschaft dem Westen den Fehdehandschuh hingeworfen. Das Mullah-Regime gestand am Freitag den Bau einer zweiten bislang unbekannten Anlage zur Urananreicherung ein.
Hamburg. Die USA, Frankreich und Großbritannien verurteilten dies umgehend und forderten Teheran in einer gemeinsamen Erklärung auf, den Inspekteuren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA Zutritt zu der Anlage zu gewähren.
US-Präsident Barack Obama warf dem Mullah-Regime vor, die Existenz der Atomanlage jahrelang verheimlicht zu haben. "Der Iran bricht internationale Regeln, die alle Nationen befolgen müssen", sagte Obama beim G20-Gipfeltreffen in Pittsburgh. Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy forderte Teheran ultimativ auf, bis zum 1. Dezember "alles auf den Tisch" zu legen. Der Iran fordere die internationale Gemeinschaft heraus. "Wir befinden uns in einer sehr ernsten Vertrauenskrise." Der britische Premier Gordon Brown sagte, die Welt sei "schockiert und erzürnt" über die Enthüllungen.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte von Teheran Aufklärung. Der Bau der Anlage sei ein Verstoß gegen Auflagen der IAEA und der Uno. "Deutschland ist darüber sehr besorgt", sagte Merkel am Rande des Gipfels in Pittsburgh
Bislang hatte der Iran lediglich die Existenz einer Atomanlage in Natans eingeräumt, deren Urananreicherung von der IAEA ständig überwacht wird. Das Mullah-Regime behauptet, seine Atomforschung diene ausschließlich zivilen Zwecken. Doch angesichts der Tatsache, dass Staatschef Mahmud Ahmadinedschad die Vernichtung Israels gefordert hat und seine Regierung als Förderer des internationalen Terrorismus gilt, schenken viele Experten solchen Versicherungen wenig Glauben. Vor allem in Israel, Europa und Amerika wachsen Befürchtungen, dass der Iran ein militärisches Atomprogramm auflege. Die Uno hat bereits Sanktionen gegen das Regime verhängt und neue Strafmaßnahmen angedroht.
Nach Angaben der "New York Times" hat der US-Geheimdienst das neue iranische Atomprojekt bereits seit Jahren verfolgt. Erst nachdem der Iran bemerkt habe, dass der Bau der Anlage bemerkt worden sei, habe Teheran in einem "kryptischen Brief" an die IAEA die Existenz einer "Pilot-Anlage" eingeräumt. Die IAEA bestätigte den Eingang des Schreibens. Ein Sprecher sagte, in dem Brief stehe auch, dass die Anlage Uran nur bis zu einem Grad von fünf Prozent anreichere, was für eine zivile Nutzung ausreiche, aber nicht auf die Schwelle von mindestens 90 Prozent komme, die für den Bau einer Atombombe benötigt werde. Einzelheiten über den Standort oder die Technologien machte der Sprecher nicht. Nach Angaben von Diplomaten steht die Anlage rund 160 Kilometer südwestlich von Teheran. Dort seien 3000 Zentrifugen zur Urananreicherung installiert, die im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden könnten.
Der Westen will bei einer neuen Gesprächsrunde in Genf, die am Donnerstag beginnt, Kooperationsmöglichkeiten mit Teheran in der Atomfrage ausloten. Teheran will aber nicht von der umstrittenen Urananreichung abrücken. Der Generalsekretär des iranischen nationalen Sicherheitsrats, Said Dschalli, sagte dem "Spiegel": "Wir werden dieses Recht niemals aufgeben."