Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi hat die Vereinten Nationen in seiner eineinhalb Stunden dauernden Rede in ungewöhnlich scharfer Form angegriffen.
New York. Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi hat die Vereinten Nationen in ungewöhnlich scharfer Form angegriffen. In einer aufgebrachten Rede vor der Vollversammlung erklärte er am Mittwoch in New York, die Besetzung des UN-Sicherheitsrats mit Nuklearmächten sei „Terrorismus“. „Er sollte nicht Sicherheitsrat heißen, er sollte Terrorrat heißen“, sagte Gaddafi. Das Veto-Recht der fünf ständigen Mitglieder China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA verstoße gegen die UN-Charta. Die Supermächte nutzten die Macht der Vereinten Nationen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen, sagte Gaddafi, der nach US-Präsident Barack Obama ans Rednerpult trat.
Für seinen Vorredner war Libyens Staatschef indes voll des Lobes. „Wir wären glücklich, wenn Obama für immer Präsident von Amerika bleiben könnte“, sagte Gaddafi, der selbst seit 40 Jahren im Amt ist. „Sie sind der Beginn eines Wandels“, lobte Gaddafi, der seine Redezeit von 15 Minuten weit überzog und mehr als anderthalb Stunden lang sprach. Obama hatte 40 Minuten geredet.
Weiter warf Gaddafi den UN vor, ihre eigene Charta zu brechen. Seit Bestehen der Weltorganisation habe es 65 Kriege weltweit gegeben mit Millionen mehr Opfern als im Zweiten Weltkrieg. Dabei sei es UN-Aufgabe, Frieden zu schaffen. Gaddafi schwenkte während seiner Rede immer wieder die UN-Charta und zerriss einmal mehrere Seiten. Viele Mitglieder hatten daraufhin den Saal aus Protest verlassen.
Für die afrikanischen Staaten forderte Gaddafi 7,77 Billionen Dollar (rund 5,26 Billionen Euro) als Entschädigung für die Kolonialzeit. Wenn die westlichen Länder nicht zahlten, würden sich die Afrikaner das Geld zurückholen, sagte er am Mittwoch vor der UN-Vollversammlung in New York. Er spreche „im Namen von 1000 afrikanischen Königreichen“, erklärte der libysche Revolutionsführer, der bei seiner ersten Rede während einer Generaldebatte der Vereinten Nationen ein sandfarbenes Gewand mit einem Anstecker in der Form des afrikanischen Kontinents trug. Gaddafi sagte ausdrücklich, dass sich seine Billionen-Forderung nicht an die frühere libysche Kolonialmacht Italien richte. Italien hatte 2008 ein Freundschaftsabkommen mit Libyen unterzeichnet und dem nordafrikanischen Land rund 3,4 Milliarden Euro in Form von Projektinvestitionen zugesagt.