Auch deutsche Soldaten waren in Kämpfe verwickelt. Im Norden haben Terroristen das Öffnen der Wahllokale verhindert.
Kabul/Berlin. In Afghanistan haben Aufständische die Stadt Baghlan im Norden gestürmt und die Öffnung der Wahllokale verhindert. Bei heftigen Kämpfen seien „22 Terroristen getötet“ worden, sagte der Provinzpolizeichef Mohammed Kabir Andarabi der Nachrichtenagentur AFP. Die Aufständischen seien aus mehreren Richtungen in die Stadt vorgedrungen, dann aber zurückgeschlagen worden. Bei den schweren Gefechten während der Präsidentschaftswahl haben nach Polizeiangaben auch deutsche Soldaten gekämpft. Der Polizeisprecher in der Provinz Baghlan, Jawid Bascharat, sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa, deutsche und ungarische Truppen hätten afghanische Sicherheitskräfte nach einem Angriff der Taliban im Distrikt Baghlan Dschadeed unterstützt.
Am Morgen gab es Raketenbeschuss am Bundeswehrstandort Kundus: Eine schlug in ein Wahllokal ein, die zweite hinter einer Schule. Und die Taliban schickten im ganzen Land Selbstmordattentäter los. Auch wenn es noch keine ganz schweren Anschläge mit hohen Opferzahlen gab, stehen die Wahlen in Afghanistan doch im Schatten von Gewalt, Terror und Angst. Zum Auftakt am Donnerstag gab es mehrere Anschläge und Versuche, Wahllokale zu attackieren.
Aus Geheimdienstkreisen hieß es, in der neben Kundus gelegenen Provinz Baghlan sei ein Distrikt-Polizeichef bei einem Angriff der Taliban getötet worden. In der ebenfalls an Kundus angrenzenden Provinz Takhar teilte die Polizei mit, zwei Selbstmordattentäter seien festgenommen worden, als sie versucht hätten, in ein Wahllokal einzudringen. In der Nähe des Polizei-Hauptquartiers sei ein Sprengsatz detoniert, der eine Wand zum Einsturz gebracht habe.
Opfer habe es nicht gegeben. Unbestätigten Angaben zufolge kam es auch in weiteren Provinzen zu gewaltsamen Zwischenfällen. Aus Angst vor einer niedrigen Wahlbeteiligung hat die Regierung die Medien aufgefordert, am Wahltag nicht über Angriffe and Anschläge zu berichten.
Die Taliban teilten in einer E-Mail mit, ihre Kämpfer hätten 16 Wahllokale im Land angegriffen. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht. Angaben der Taliban sind häufig übertrieben. Die Aufständischen haben zum Wahlboykott aufgerufen und Wähler bedroht. Der afghanische Präsident Hamid Karsai rief die 17 Millionen registrierten Wähler zur Abgabe ihrer Stimme auf. Karsai hatte am Donnerstagmorgen in Kabul als einer der ersten Afghanen gewählt. Der Amtsinhaber gilt als Favorit bei der Präsidentschaftswahl. Sein wichtigster Herausforderer ist der frühere Außenminister Abdullah Abdullah.
Wegen der weit verbreiteten Angst vor dem Terror der Taliban läuft die Wahl nach Angaben von Beobachtern nur langsam an. Viele Afghanen hätten sich „erstmal nicht rausgetraut“, sagte der EU-Wahlbeobachter Harald Händel im Deutschlandradio Kultur. Auch habe er bisher kaum Frauen an der Wahlurne gesehen. Händel zeigte sich aber überzeugt, dass sich die Menschen in den Städten nicht von den islamischen Extremisten einschüchtern lassen.
Auf dem Land bewertet Händel die Lage anders. Viele Wahllokale hätten aus Sicherheitsgründen gar nicht öffnen können. Dies betreffe bis zu 1,5 Millionen und damit etwa zehn Prozent der Wahlberechtigten. Händel hofft dennoch auf eine ähnlich hohe Wahlbeteiligung wie vor fünf Jahren, als 70 Prozent ihre Stimme abgaben. In entlegenen Gebieten schloss er Wahlbetrug nicht aus.