Kanzlerin lehnt weitere große Konjunkturhilfen Europas bisher allerdings ab.

Hamburg/London. "Schön" sei es nicht, dass sich der britische Premier Gordon Brown, der französische Staatschef Nicolas Sarkozy sowie EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso gestern Abend alleine in London getroffen haben, fand Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) im Fernsehsender n-tv. "Es wird so getan, als sei das Treffen in London der einzige Ort, an dem dieser Gipfel vorbereitet wird", fügte er mit Blick auf den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel hinzu, auf dem erneut Wege aus der Finanz- und Wirtschaftskrise gefunden werden sollen.

Die drei Spitzeneuropäer ließen sich von derlei Einwänden nicht beeindrucken. Sarkozy und Brown haben im Gegenteil Vorwürfe zurückgewiesen, dass es Differenzen mit Deutschland über Konjunkturhilfen in Europa gebe. Man sei sich einig, dass Impulse für die Wirtschaft wichtig seien, sagte der amtierende EU-Ratspräsident Sarkozy. Es sei aber auch klar, dass dabei nicht alle die gleichen Werkzeuge benutzen könnten. Bundeskanzlerin Merkel selbst habe in Deutschland ein Programm aufgelegt, das genauso bedeutend wie das französische ist.

Brown betonte, in Europa bestehe in den Fragen über Wirtschaftshilfen Einigkeit. Auch Barroso erklärte, er habe "volles Vertrauen", dass die Bundesregierung die notwendigen Hilfen in der Finanzkrise auf den Weg bringt. "Wir haben 27 Länder, da kann es keine einheitliche Herangehensweise geben." Deutschland sei die wichtigste Volkswirtschaft in Europa. "Deshalb wäre es komplett unvernünftig, ohne die aktive Unterstützung Deutschlands über konkrete Maßnahmen nachzudenken", sagte der Kommissionspräsident. Barroso weiter, er habe bei dem Treffen Unterstützung für den von der Kommission vorgeschlagenen Plan erhalten, die Konjunktur in Europa mit einem rund 200 Milliarden Euro umfassenden Programm anzukurbeln. Dem allerdings steht Merkel bisher ablehnend gegenüber. Deutschland müsste einen Großteil der Kosten für diese erneute Finanzspritze schultern.

Im Vorfeld war berichtet worden, dass Merkel auch deshalb nicht in London dabei sei , weil Frankreich und Großbritannien verärgert über unzureichende Konjunkturmaßnahmen Deutschlands seien.

Bisher hat Berlin ein nationales Konjunkturpaket aufgelegt, mit dem bis 2010 Investitionen und Aufträge von 50 Milliarden Euro angeschoben werden sollen. Dafür werden zwölf Milliarden Euro fließen. Paris hat ein 26-Milliarden-Programm initiiert, das ebenso wie das deutsche Pendant hauptsächlich in Infrastrukturmaßnahmen fließen soll. Die Briten verfolgen eine andere Strategie. Mit dem Programm von 20 Milliarden Pfund (23,7 Milliarden Euro) sollen vor allem Steuersenkungen finanziert werden. Als erstes großes EU-Land hat Großbritannien im Dezember die Mehrwertsteuer von 17,5 auf 15 Prozent gesenkt, um den Konsum anzukurbeln. Diese Maßnahmen, die auch die EU-Kommission favorisiert, lehnen aber Merkel und Sarkozy ab.