POLOKWANE/JOHANNESBURG. Seine politische Laufbahn ist mit so vielen Skandalen gepflastert, dass seine Karriere eigentlich längst zu Ende hätte sein müssen. Doch stattdessen schickt sich Jacob Zuma an, jetzt auch nach dem höchsten Amt in Südafrika zu greifen. Der 65-Jährige vom Stamm der Zulu ist zum neuen Präsidenten des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses gewählt worden - und hat damit gute Chancen, nächster Staatspräsident zu werden.

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Zuma ist einer der populärsten und zugleich umstrittensten Politiker Südafrikas. Ob im Maßanzug oder im Leopardenfell - der bullig wirkende neue ANC-Chef polarisiert wie kaum ein anderer. Ein wahrer Personenkult rankt sich um den Skandal-Politiker, der seine Popularität durch ethnische Abgrenzung oder alte Anti-Apartheid-Hits wie "Umshini Wami" (Hol mir mein Maschinengewehr) absichert. Zuletzt nahm sein Ansehen Schaden, als bekannt wurde, dass er in einen Bestechungsskandal bei einem Rüstungsgeschäft verwickelt ist. Das kostete ihn das Amt des Vizepräsidenten. Die Anklage wurde zwar fallen gelassen, aber nur wegen Verfahrensfehlern. Schlagzeilen machte auch das Gerichtsverfahren, in dem sich der bekennende Polygamist, der als äußerst patriarchalisch gilt, wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs behaupten musste. Aufmerksamkeit erregte weniger Zumas Freispruch, sondern dessen Aussage, er habe ungeschützten Geschlechtsverkehr mit der HIV-infizierten Frau gehabt. Allerdings habe er sich gleich danach durch ausgiebiges Duschen vor einer Ansteckung mit dem Aids-Erreger geschützt.

Afrikas älteste Befreiungsbewegung ist mit der Wahl Zumas an einem Wendepunkt angelangt. Die knapp 100-jährige Partei steht vor der Spaltung. Selbst der legendäre Anti-Apartheid-Kämpfer Nelson Mandela äußerte sich erschüttert über den Zustand des ANC. Dagegen löste die Wahl Zumas bei den Armen Jubel aus - und ließ zugleich die Träume des nun scheidenden ANC-Chefs, Präsident Thabo Mbeki, über eine Absicherung seiner letzten Amtsjahre zerplatzen.

Kritiker werfen Mbeki vor, sich von der Basis entfremdet zu haben. Dort steigt die Ungeduld. Zweieinhalb Jahre vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika, fühlt sich die Basis von einer arrogant empfundenen politischen Klasse nicht mehr verstanden. Armut, Kriminalität, Aids und Fachkräftemangel haben den Kap-Staat im Griff. Zuma verspricht das "bessere Leben", von dem die Masse der 48 Millionen Südafrikaner träumt. Experten erwarten nun den Beginn einer neuen Ära. Doch wie diese aussieht, ist noch unklar. Die Unsicherheit über Zumas Wirtschaftspolitik beunruhigt zwar Investoren, doch die Abwahl des bisherigen ANC-Chefs gilt auch als ein Beleg für die junge Demokratie des Landes.