Im Kampf gegen die Piraterie muss sich die internationale Gemeinschaft nach Einschätzung der Bundesregierung stärker um eine Stabilisierung Somalias bemühen. Das Land gilt als Prototyp eines zerfallenen Staates ohne Zentralregierung und funktionierende Institutionen. Hier sehen Sie Bilder von Piratenanschlägen und Festnahmen.
Berlin/Mogadischu. Im Kampf gegen die Piraterie muss sich die internationale Gemeinschaft nach Einschätzung der Bundesregierung stärker um eine Stabilisierung Somalias bemühen. "Ohne eine Befriedung der Lage an Land wird die Bekämpfung der Piraterie auf See schwerlich erfolgreich sein", sagte Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey gestern im Deutschlandfunk. Vor der somalischen Küste kaperten Piraten unterdessen zwei weitere Frachter. Damit brachten sie binnen zwei Tagen vier Schiffe in ihre Gewalt.
Somalia gilt als Prototyp eines zerfallenen Staates ohne Zentralregierung und funktionierende Institutionen. Seit der Flucht des Diktators Siad Barre 1991 versinkt das Land, das ohnehin zu den ärmsten der Welt zählt, in Bürgerkrieg, Kriminalität und Hungersnöten. Ein Uno-Einsatz zur Stabilisierung Somalias, an dem sich zeitweilig auch die Bundeswehr beteiligte, scheiterte 1995.
Kossendey appellierte an die internationale Gemeinschaft, der somalische Übergangsregierung stärker zu helfen. Justiz, Verwaltung und Sicherheitsstrukturen müssten wiederaufgebaut werden, damit die Regierung im eigenen Land für Ordnung sorgen könne, sagte der CDU-Politiker. Auch die Vermittlungsgespräche zwischen den drei großen Bürgerkriegsparteien verdienten Unterstützung.
Mit den Entführern des Hamburger Containerschiffs "Hansa Stavanger" sowie deren Besatzung hat die Bundesregierung nach den Worten Kossendeys Kontakt. Parallel dazu gebe es Gespräche mit den Stammesführern an Land und vielen anderen, um eine Freilassung der Geiseln zu erreichen, sagte der Staatssekretär. Auch der Krisenstab des Auswärtigen Amtes bemüht sich nach Angaben einer Sprecherin weiter um eine Lösung. Mit der "Hansa Stavanger" der Hamburger Reederei Leonhardt&Blumberg sind Anfang April auch fünf deutsche Seeleute in die Hände der Piraten gefallen.
Der FDP-Verteidigungsexperte Rainer Stinner forderte, die Mutterschiffe der Piraten auszuschalten und den Seeräubern damit die Operationsbasis zu entziehen. Nur dank der Mutterschiffe könnten die Piraten mit ihrem Schnellbooten ein derart großes Seegebiet gefährden, kritisierte er. Das Bundestagsmandat gebe der Bundeswehr alle rechtlichen Möglichkeiten, sie müssten nur ausgeschöpft werden. Die deutsche Marine beteiligt sich derzeit mit den Fregatten "Rheinland-Pfalz", "Mecklenburg-Vorpommern" und "Emden" sowie dem Versorger "Spessart" am EU-Einsatz gegen die Piraten.