Kriege, Krisen, Anekdoten - was bleibt wohl vom unbeliebtesten Präsidenten der US-Geschichte? Eine Bilanz der Amtszeit.

Hamburg. In Erinnerung wird sein fassungsloses Gesicht bleiben an jenem Morgen des 11. September 2001. Es war gegen 9.05 Uhr in der Booker-Grundschule in Sarasota, als der Stabschef des Weißen Hauses, Andrew Card, sich zu ihm herunterbeugte. George W. Bush, erst seit knapp acht Monaten der 43. Präsident der USA, hatte gerade heiteren Gemütes Kindergeschichten über Ziegen gelauscht. "Amerika wird angegriffen", flüsterte Card ins präsidiale Ohr. Und nichts mehr war wie vorher. Nicht für die Welt. Und nicht für George W. Bush.

Für Amerika und die Welt erwies es sich als Tragödie, dass an diesem Wendepunkt der Geschichte ein Mann die Geschicke der mächtigsten Nation der Erde lenkte, der ein bedenklich schlichtes Weltbild pflegte, das als dichotomisch oder manichäisch beschrieben wird.

Es ist eine holzschnittartige Schwarz-Weiß-Darstellung, eine Reduzierung auf den Kampf zwischen den Mächten des Lichtes und jenen der Finsternis - ohne Grautöne. An diesem Bild hat Bush festgehalten: "Gut und Böse gibt es in der Welt - dazwischen gibt es keinen Kompromiss", betont er in seiner letzten Fernsehansprache an die Nation, in der er die Kriege in Afghanistan und dem Irak als Erfolgsgeschichten darstellt.

Er habe harte Entscheidungen fällen müssen, sagt er. Dafür sei Amerika nun sicherer. Bush wirkt locker, zufrieden mit seiner Bilanz.

Die Ursachen des Terrors interessierten Bush, dem niemand je den Vorwurf gemacht hatte, ein liberaler Intellektueller zu sein, nicht. Er rief den "Krieg gegen den Terror" aus, was schon begrifflich problematisch ist - genauso gut könnte man einen Krieg gegen den Zweifel oder die Angst ausrufen.

Bush, Sohn reicher Eltern, Spross einer mächtigen Politiker-Dynastie, mühsam geheilter Alkoholiker, gescheiterter Öl-Unternehmer, der als Wiedergeborener Christ Kraft aus tiefem Glauben schöpfte, sah sich als Werkzeug in den Händen einer höheren Macht - zum Wohl Amerikas und der Welt wirkend.

Bestärkt wird er darin von seiner politischen Umgebung. Eine neokonservative Kamarilla entwirft den Krieg gegen den Irak, eine neue Sicherheitsstrategie mit dem Schwerpunkt präventiver Kriege und den ehrgeizigen Plan "Greater Middle East" zur Umgestaltung des gesamten Nahen Ostens in eine Friedenszone nach US-Muster.

"Wer nicht für uns ist, ist gegen uns", droht Bush all jenen Zweiflern, die den manipulierten "Beweisen" über Iraks Waffenarsenal nicht glauben wollen. Ein Riss geht durch Europa und die Atlantische Allianz; kein Präsident der Nachkriegszeit wirkt derart polarisierend.

Sein Krisenmanagement während des Hurrikans "Katrina" ist eine zusätzliche Katastrophe, und auch wirtschaftlich hinterlässt Bush ein Trümmerfeld - vor allem aufgrund seiner unausgewogenen Steuer- und Sozialpolitik sowie der großen Kosten der Kriege in Afghanistan und dem Irak, die die Billionen-Dollar-Grenze überschreiten.

Bush zu hassen fällt indes oft den härtesten Gegnern schwer; der erdverbundene Texaner trägt eine uneitle, jungenhafte Unbekümmertheit zur Schau. Er erregt Heiterkeit - nicht immer freiwillig. Wenn er erklärt, Familie sei da, "wo den Flügeln Träume wachsen". Oder betont, er glaube "an die Koexistenz von Mensch und Fisch". Und sagt, die Frau seines Freundes Bill Frist sei "ein westtexanisches Mädchen - genau wie ich".

Was bleibt vom wohl unbeliebtesten Präsidenten der US-Geschichte außer Kriegen und Schnurren? Vielleicht werden künftige Historiker die Leistung des George W. Bush, Iraks Diktator gestürzt und den Terrorismus bekämpft zu haben, wohlwollend beurteilen.