Israelische Granaten treffen auch das Uno-Hauptquartier. Ministerpräsident Ehud Olmert zeigt sein Bedauern.
Gaza/Tel Aviv. Ungeachtet intensiver Anstrengungen um eine Feuerpause haben die Bewohner von Gaza gestern den schlimmsten Tag in den seit fast drei Wochen dauernden Kämpfen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas erlebt. Etwa 40 000 Einwohner sind auf der Flucht. Während Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sich in Tel Aviv um Vermittlung bemühten, trafen israelische Granaten auch das Uno-Hauptquartier in Gaza, ein Krankenhaus sowie ein Haus mit internationalen Medienbüros. Die Zwischenfälle lösten weltweite Empörung aus.
Nach Hamas-Angaben starben in einem von den Israelis bombardierten Haus in Gaza-Stadt auch der Innenminister der Hamas-Regierung, Said Siam, und sein Bruder Salah Abu Schreh, der die Sicherheitskräfte der Hamas anführte. Siam gehörte zum inneren Führungskreis der Hamas und ist bislang das ranghöchste Mitglied, das seit Beginn der israelischen Offensive im Gazastreifen getötet wurde.
Nach Gesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen reiste der israelische Unterhändler Amos Gilad aus der ägyptischen Hauptstadt Kairo kommentarlos ab. Der politische Berater von Israels Verteidigungsminister Ehud Barak sei nach einem etwa vierstündigen Gespräch mit dem ägyptischen Geheimdienstchef Omar Suleiman nach Israel zurückgekehrt, verlautete aus diplomatischen Kreisen. Ein hochrangiger ägyptischer Diplomat hatte am Mittwoch gesagt, die Hamas habe Kairos Vorschlag für eine Waffenruhe akzeptiert.
Für eine solche Waffenruhe seien "die kommenden Stunden entscheidend", sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gestern nach einem Treffen mit Steinmeier (SPD) in Ramallah.
Nach dem Beschuss des Uno-Gebäudes in Gaza sagte Ban während einer Pressekonferenz mit der israelischen Außenministerin Zipi Livni in Tel Aviv: "Ich habe dem Verteidigungsminister (Ehud Barak) und der Außenministerin meinen scharfen Protest und meine Empörung deutlich gemacht und eine vollständige Untersuchung gefordert." Auch Steinmeier verurteilte den Beschuss: "Das sind militärische Angriffe, die nicht akzeptabel sind", sagte er nach einem Gespräch mit dem palästinensischen Regierungschef Salam Fajad im Westjordanland. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert bedauerte den Vorfall. Das Internet-Portal "ynetnews" zitierte ihn mit der Behauptung, israelische Truppen seien aus dem Uno-Komplex heraus angegriffen worden. Der Sprecher des Uno-Hilfswerks UNRWA, Chris Gunness, wies diese Darstellung als "jeglicher Grundlage entbehrend" zurück. Die Berichte der Uno-Mitarbeiter, aber auch anderer Augenzeugen hätten klargestellt, dass es zum Zeitpunkt des Beschusses keine militanten Aktivitäten im Umfeld des Uno-Hauptquartiers gegeben habe.
In dieses waren nach Uno-Angaben drei Phosphorbomben eingeschlagen. Aus dem Gebäude mussten rund 700 Menschen geborgen werden. Die Uno-Hilfsorganisationen stellten alle Tätigkeiten in der Stadt Gaza ein. Im Al-Kuds-Krankenhaus in Gaza, das ebenfalls beschossen wurde, brach ein Brand aus. 40 Ärzte und Helfer sowie über 100 Patienten und andere hatten dort bis dahin festgesessen.
Israelische Bodentruppen rückten in den Morgenstunden des 20. Tags der Offensive massiv in Richtung Stadtzentrum vor. Das israelische Vorrücken löste Panik aus. Panzer standen nur noch eineinhalb Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Im ganzen südlichen Stadtgebiet brannten zahllose Wohnungen und Autos. Die Zahl der Getöteten seit Beginn der israelischen Offensive beträgt laut Gesundheitsbehörde in Gaza 1070. Mehr als 5000 sind verletzt.