Nach gut sechs Monaten der politischen Funkstille sucht die Nato wieder den Dialog mit Russland. Die Außenminister der 26 Bündnisstaaten sprachen sich in Brüssel einstimmig für eine Wiederaufnahme der Arbeit des Nato-Russland-Rates aus. neuneu/s/137803“>Bilder von Hillary Clinton.
Brüssel. Die Nato-Außenminister haben die Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen dem Nordatlantischen Bündnis und Russland beschlossen. Dies teilte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer in Brüssel mit. Zuvor hatte Litauen nach mehrstündigen Verhandlungen den Widerstand gegen diesen Beschluss aufgegeben. Das erste Ministertreffen von Nato und Russland soll "so bald wie möglich" nach dem Nato-Gipfel vom 3./4. April stattfinden.
Moskau begrüßte die Entscheidung. "Endlich hat wieder der gesunde Menschenverstand gesiegt", sagte ein Sprecher des Außenministeriums der Agentur Interfax. Es sei ein Fehler der Nato gewesen, nach dem Südkaukasus-Krieg im vergangenen August die Kontakte auszusetzen, "als sie besonders nötig waren".
Zuvor hatte vor allem US-Außenministerin Hillary Clinton für die Annäherung an Moskau geworben. "Es ist Zeit, voranzukommen", sagte Clinton bei ihrem ersten mit Spannung erwarteten Auftritt auf europäischem Parkett mit Blick auf Moskau. Der Nato-Russland-Rat sei keine Belohnung und kein Zugeständnis. "Er sollte als Mechanismus für den Dialog über Themen gesehen werden, in denen wir nicht übereinstimmen, und als Plattform für eine Zusammenarbeit, die in unserem Interesse ist", sagte Clinton.
Auch Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatten sich für eine Wiederaufnahme des Dialogs ausgesprochen. De Hoop Scheffer verwies auf die nötige Zusammenarbeit mit Russland in Fragen der Terrorabwehr und beim Kampf gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen.
Steinmeier sagte, die Allianz dürfe nicht in "Sprachlosigkeit" gegenüber Moskau verharren. Ähnlich äußerten sich die Außenminister Großbritanniens, Luxemburgs und Estlands. Das Bündnis hatte den Nato-Russland-Rat im vergangenen August aus Protest gegen das Vorgehen Russlands in Georgien auf Eis gelegt. Das Gremium, das seit 2002 besteht, sieht regelmäßige Treffen auf Botschafterebene vor, aber auch auf Ebene der Außen- und Verteidigungsminister sowie der Generalstabschefs.
Der Baltenstaat Litauen machte zunächst Vorbehalte gegen eine Wiedereinsetzung geltend. Der litauische Außenminister Vygaudas Usackas forderte, Moskau müsse zunächst den OSZE-Beobachtern in Georgien vollständigen Zugang nach Südossetien gewähren. ERst nach sechsstündigen Beratungen rückte Usackas von dieser ultimativen Forderung ab. Russland hatte nach dem Georgien-Krieg die umkämpfte Region Südossetien, die sich von Tiflis losgesagt hat, sowie das abtrünnige Abchasien als unabhängig anerkannt. Dies stieß international auf scharfe Kritik.
Auf dem Flug nach Brüssel äußerte Clinton ihre Hoffnung auf eine Kooperationsbereitschaft Russlands in der Streitfrage der Raketenabwehr. "Es ist meine Hoffnung, dass wir Russland überreden können, sich an dieser Verteidigung zu beteiligen", sagte sie. US-Präsident Barack Obama hatte Russland Gesprächsbereitschaft über die geplante Radaranlage in Tschechien und die Stationierung von Abfangraketen in Polen signalisiert.
Außerdem schlug Clinton den Bündnispartnern eine internationale Konferenz zur künftigen Strategie im Afghanistan-Krieg vor. Nach US-Vorstellungen soll das Treffen unter der Ägide der Uno stattfinden. Auch das Nachbarland Pakistan werde eingeladen, sage Clinton. "Wir hoffen, dass dieses Treffen eine Gelegenheit bieten können, um sich auf gemeinsame Prinzipien zu einigen."
Mit dem Dienstantritt Clintons hofft Steinmeier auch innerhalb der Nato auf eine neue Ära der Zusammenarbeit mit den USA. "Wir dürfen davon ausgehen, dass es frischen Wind in der Nato gibt", sagte der Minister.