Nach dem Doppelmord in Moskau hat der Chefredakteur der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“, Dmitri Muratow, von der russischen Regierung mehr Anstrengungen zur Aufklärung verlangt. Der auf offener Straße erschossene Anwalt Stanislaw Markelow wurde am Freitag beigesetzt.

Berlin. Bei einem Besuch in Berlin sprach Muratow am Mittwoch von einem eindeutig "politischen Verbrechen" und forderte Ministerpräsident Wladimir Putin auf, "seinem Volk tatsächlich mal einen Dienst zu erweisen". "Putin muss seine Miliz und alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte dazu verpflichten, den Mörder und die Auftraggeber zu finden."

Die russische Polizei hat nach eigenen Angaben auch zwei Tage nach der Ermordung eines Menschenrechtsanwalts und einer Journalistin noch keine Hinweise auf die Täter. Die Journalistin Anastassija Baburowa (25) war seit drei Monaten bei der "Nowaja Gaseta" beschäftigt. Auch die Kremlkritikerin Anna Politkowskaja hatte bis zu ihrer Ermordung 2006 für das Blatt gearbeitet. Zusammen mit Baburowa wurde am Montag auch der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow (34) erschossen.

Muratow äußerte sich erschüttert über die beiden neuen Morde. Zugleich zweifelte er an, dass die russischen Behörden den Fall aufklären wollten. Bereits bei früheren Morden sei dies nicht geschehen. "Die Staatsmacht kann, wenn sie es möchte, diesen Fall lösen. Sie hat die Möglichkeiten dazu. Es gibt Sondereinheiten. Es gibt Finanzmittel", sagte der Chefredakteur der kremlkritischen Zeitung, der sich auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin aufhielt.

Muratow erinnert daran, dass der Doppelmord auf offener Straße geschehen sei. "Das hat nichts mit Demokratie zu tun. Hier werden Mittel angewandt, wie sie in einer Diktatur angewandt werden." Ziel sei offensichtlich, die Menschen in Russland einzuschüchtern. "Es wird signalisiert: "Wir fürchten uns vor nichts. Wir können alles.""

Rund 300 Trauergäste haben Abschied von dem zu Wochenbeginn auf offener Straße erschossenen Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow genommen. Der Bürgerrechtler wurde am Freitag auf einem Friedhof im Norden der russischen Hauptstadt beigesetzt. Ein starkes Polizeiaufgebot kontrollierte die Trauergäste, von denen viele Nelken und Rosen zum Grab brachten.

Bis heute haben die Ermittler nach offiziellen Angaben keine Hinweise auf die Identität des maskierten Täters. Der Anwalt Markelow hatte sich unter anderem durch seinen Einsatz für zivile Opfer des Tschetschenienkrieges Feinde unter russischen Militärs und Nationalisten gemacht. Das zweite Opfer des Mordanschlags vom Montag, die Journalistin Anastassija Baburowa, soll in den nächsten Tagen auf der zur Ukraine gehörenden Schwarzmeer-Halbinsel Krim beigesetzt werden.