Der Versprecher ging um die Welt: Milliarden Menschen haben am Dienstag mitverfolgt, wie sich Barack Obama und John Roberts, Präsident des Obersten...
Der Versprecher ging um die Welt: Milliarden Menschen haben am Dienstag mitverfolgt, wie sich Barack Obama und John Roberts, Präsident des Obersten Gerichtshofs der USA, beim Sprechen des Amtseids verhaspelten. Und Amerika wäre nicht Amerika, hätten nicht prompt Zweifler die Gültigkeit des Eides infrage gestellt. "Wäre man ein kleinlicher Paragrafenreiter, dürfte Obama seine Amtsgeschäfte nicht aufnehmen, bevor er den Eid korrekt wiederholt hat", sagte etwa Verfassungsexperte Jack Berrman von der Boston University der "New York Times". Obama selbst wies den Pfusch am Eid zunächst amüsiert von sich. Am Dienstagabend jedoch sah sich das Weiße Haus genötigt, dem Rumoren zu begegnen - um der Verfassung zu genügen und "aus Vorsicht", wie ein Sprecher sagte. Richter Roberts nahm dem 44. Präsidenten daher um 19.35 Uhr Ortszeit im Kartenraum des Weißen Hauses erneut den Eid ab - in Gegenwart von ein paar Journalisten. "Sind Sie bereit, den Eid abzulegen?", fragte Roberts. "Ja, und wir machen es ganz langsam", antwortete Obama. Der Eid sei flüssig und fehlerlos innerhalb von 25 Sekunden geleistet worden, so die Berichterstatter. Nach Artikel II Absatz 1 der amerikanischen Verfassung lautet die Eidesformel: "I do solemnly swear (or affirm) that I will faithfully execute the office of President of the United States, and will to the best of my ability, preserve, protect and defend the Constitution of the United States." Übersetzt: "Ich gelobe (oder versichere) feierlich, dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich verwalten und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften erhalten, schützen und verteidigen will." Der Wortlaut des Verhasplers ist weltweit dokumentiert. Es passierte mitten im ersten Satz:
Obama: I, Barack Hussein Obama, do solemnly swear ...
Roberts: ... that I will execute the office of President to the United States faithfully ...
Obama: ... that I will execute ...
Roberts: ... faithfully the office of President of the United States ...
Obama: ... the office of president of the United States faithfully ...
Ab hier war die Eidesformel korrekt. Falsch war also die Platzierung des Adverbs "faithfully".
Verschwörungstheoretiker und Freud-Kenner spekulierten: Obama habe die Formel unbewusst falsch wiederholt aus Abwehr gegen den konservativen Richter Roberts, gegen dessen Nominierung er 2005 gestimmt hatte. Der Harvard-Psychologieprofessor Steven Pinker hingegen, Mitglied einer US-Wörterbuchkommission, nahm Obama in Schutz: Richter Roberts habe die Formel falsch vorgesagt. Obama habe zu Roberts' Korrektur gelächelt und dann "spielerisch" die falsche Form wiederholt - er möge eben keine Dogmen.
Besonderheiten beim Amtseid der Präsidenten gab es in der US-Geschichte immer wieder. Franklin Pierce sagte 1853 als bisher Einziger "I affirm" statt "I swear". Drei ehemalige Präsidenten mussten ein zweites Mal vereidigt werden: Rutherford Hayes schwor 1877 privat an einem Sonnabend und öffentlich am folgenden Montag. Chester Arthur (1881) und Calvin Coolidge (1923) schworen provisorische Eide nach der Ermordung bzw. dem Tod ihrer Vorgänger und wiederholten sie später offiziell. Theodore Roosevelt war 1901 der einzige, der nicht auf die Bibel schwor, sondern nur die Hand hob. Dwight D. Eisenhower brach mit der Tradition, die Bibel zu küssen - er sprach ein kurzes Gebet.
Lyndon B. Johnson wurde 1963 an Bord der "Air Force One" vereidigt, als er den Leichnam des ermordeten John F. Kennedy von Dallas/Texas nach Washington begleitete.