Autobombe explodiert vor Folterzentrale. Oppositionelle machen Regierung verantwortlich
Damaskus/Istanbul. Bei einem Bombenanschlag vor einem berüchtigten Gefängnis in der syrischen Hauptstadt Damaskus sind gestern 70 Menschen ums Leben gekommen. Das Innenministerium teilte mit, nach dem Anschlag seien 55 Leichen und "die sterblichen Überreste von 15 weiteren Menschen" geborgen worden. Die Zahl der Verletzten bezifferte das Ministerium auf 375.
Das sogenannte Palästina-Verhörzentrum ist eine der am meisten gefürchteten Einrichtungen des Sicherheitsapparates des Regimes von Präsident Baschar al-Assad. Viele politische Gefangene wurden dort gefoltert. Die Opposition behauptete, das Regime habe den Anschlag verüben lassen, um die Revolution im Land als Werk islamistischer Terroristen darzustellen. Die syrische Regierung bezeichnet die wiederholten Angriffe in der Nähe von Behördengebäuden dagegen als Beleg für ihre Darstellung, dass Syrien im Visier von Terroristen sei und die politischen Unruhen kein Volksaufstand seien.
Der norwegische Leiter der Uno-Beobachter in Syrien, Generalmajor Robert Mood, besuchte den Anschlagsort. Das syrische Volk habe diese "schreckliche Gewalt" nicht verdient, erklärte er. "Das löst keine Probleme." Seit dem 12. April soll in Syrien eigentlich eine vom Uno-Sondergesandten Kofi Annan vermittelte Waffenruhe gelten. Zurzeit sind 70 Uno-Beobachter in Syrien. Ihre Zahl soll auf 300 steigen.
Die Innenstadt von Damaskus steht unter Kontrolle der Truppen Assads, dennoch wurden dort bereits mehrere Bombenanschläge verübt. Ihr Ziel waren häufig Einrichtungen oder Konvois der Sicherheitskräfte. Zuletzt riss ein Selbstmordattentäter am 27. April in Damaskus mindestens neun Menschen mit in den Tod, 26 wurden verletzt. Zu mehreren derartigen Angriffen hat sich in der Vergangenheit eine al-Qaida-nahe Gruppierung mit Namen Al-Nusra-Front bekannt. Über sie ist wenig bekannt, westliche Geheimdienstkreise vermuten, dass es eine Gruppe der al-Qaida im Irak sein könnte.