Bei den Stichwahlen um mehrere Bürgermeisterämter läuft ein Stimmungstest für den Ministerpräsidenten. Linke stehen vor Sieg in Mailand.
Mailand/Rom. In Mailand und zahlreichen weiteren italienischen Städten haben am Sonntagmorgen Stichwahlen um die Bürgermeisterämter begonnen. Die Abstimmung in Mailand, der Hochburg von Ministerpräsident Silvio Berlusconi, gilt als wichtiger Stimmungstest für den unter Druck stehenden Regierungschef. Der 74-Jährige betonte jedoch vorab, dass es selbst im Falle einer Niederlage seiner konservativen Koalition nicht zu einer Regierungskrise kommen werde.
Bei den zweitägigen Stichwahlen in fast 90 Städten können mehr als 5,5 Millionen Italiener bis Montag über ihre Bürgermeister und andere Repräsentanten auf kommunaler Ebene abstimmen. In Mailand hatte in der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen Berlusconis Kandidatin, die amtierende Bürgermeisterin Letizia Moratti, überraschend sechs Punkte hinter ihrem Mitte-links-Herausforderer Giuliano Pisapia gelegen. Die Stadt ist seit fast zwei Jahrzehnten fest in konservativer Hand. Das wäre ein schwerer Schlag für die Mitte-Rechts-Regierung zwei Jahre vor den nächsten Parlamentswahlen. Berlusconi hatte die Kommunalwahlen zum nationalen Test ausgerufen.
Wegen des drohenden Verlusts seiner Hochburg zog Berlusconi im Vorfeld verstärkt fremden- und religionsfeindliche Register. Die linke Opposition warte nur darauf, Italiens Finanzmetropole zu einer "islamischen" Stadt zu machen, überlaufen von Roma und anderen Ausländern, ließ Berlusconi verlauten. "Mailand darf aber nicht zu einer Stadt der Zigeuner, voller Roma-Lager, belagert von Ausländern werden."
Auf besonderes Interesse stieß auch auf die Stichwahl in Neapel. Dort tritt Berlusconis Kandidat Gianni Lettieri gegen einen früheren Staatsanwalt, Luigi de Magistris, an, der für eine kleinere linksgerichtete Partei kandidiert. Lettieri lag in der ersten Wahlrunde vor und geht als Favorit in die Stichwahl. Ein Sieg wäre ein wichtiger Triumph für Berlusconi, da die Stadt seit langem von Mitte-links-Bürgermeistern geführt wurde.
Der Ministerpräsident steht derzeit in vier Fällen vor Gericht, in dreien geht es um seine Geschäftspraktiken, in einem um Sex mit einer Minderjährigen. Berlusconi hat alle Vorwürfe zurückgewiesen. (dapd/dpa)