Berlin. Der gesuchte Linksextremist Burkhard Garweg meldet sich mit einem Schreiben. Darin erklärt er, warum alle Schuld sind – außer er selbst.
Sie wirkten wie ein Relikt der 80er Jahre. Doch mit der Festnahme von Daniela Klette sind die Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) wieder omnipräsent: Wo sind die restlichen gesuchten Anhänger der dritten Generation der linksextremistischen Gruppierung, fragte sich die Bundesrepublik, als Klette plötzlich in Gewahrsam landete.
Immer wieder meinten Zeugen, Burkhard Garweg gesehen zu haben, der sich seit 34 Jahren seiner Festnahme entzieht. Doch sie irrten sich. Jetzt aber meldet sich der Linksextremist aus dem Untergrund. „Grüße aus der Illegalität“ steht über dem Schreiben, das der „taz“ vorliegt und das von der Zeitung als authentisch bezeichnet wird. Auch die Anwälte bestätigten die Echtheit.
RAF-Terrorist Garweg bezeichnet sich als „revolutionaren Linken“
Als „revolutionaren Linken“ beschreibt sich Garweg in dem mit Rechtschreibfehlern gespickten Schreiben, das sich wie ein politisches Manifest liest. Der Mann, der mutmaßlich mit Daniela Klette und Ernst-Volker Staub für schwere Straftaten in den 90er Jahren und nach der Jahrtausendwende verantwortlich ist, sieht die Gewalt vor allem bei anderen. „Terror hat nichts mit uns, hingegen viel mit den Herrschenden und dem kapitalistischen System zu tun“, schreibt der 56-Jährige. Dem Polizei- oder Justizapparat glaube er nicht, schreibt er, da dieser nur die eine „staatliche Gewalt“ und „Repression“ rechtfertigte.
Zehn Morde werden der dritten Generation der RAF-Terroristen angelastet. 1998 löste sich die extremistische Gruppierung zwar auf. Garweg, Klette und Staub sollen mit der Detonation eines Sprengsatzes vor der JVA Weiterstadt in Hessen 1993 den letzten Anschlag verübt haben. Zur Ruhe setzte sich das Trio dennoch nicht: Ihnen wird vorgeworfen, noch bis 2016 zum Teil schwere Raubüberfälle begangen zu haben, um sich ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.
Garweg erwähnt die Taten nur indirekt
Zu all dem bekennt sich Garweg in seinem Schreiben nicht direkt, arbeitet vielmehr mit indirekten Anspielungen. „Jegliche Traumatisierung von Angestellten von Kassenbüros oder Geldtransportern ist zu bedauern“, schreibt er. „Für uns“ sei es ausgeschlossen gewesen, Menschen zu töten oder zu verletzen, um Geld zu erbeuten.
Reue bleibt also aus. Vielmehr ergreift er Partei für seine festgenommene Komplizin Daniela Klette, der er den Abschlusssatz seines Manifestes widmet: „Die Forderung nach sofortiger Freilassung von Daniela ist gerechtfertigt“, schreibt Garweg, der mit seinem Alter-Ego „Martin“ unterschreibt. Darüber hinaus spricht er einer langen Liste von Menschen „Solidarität“ aus, etwa „Genoss*innen im Exil“, „Untergetauchten“ und „Gefangenen aus den Kämpfen der Antifa.“
Eine Entschuldigung wird dann doch noch fällig, die ein Schlaglicht auf bisherige Mitwisser wirft. „Bitte verzeiht das“, schreibt er mit Blick auf Mitbewohner seines Wagenplatzes in Berlin-Friedrichshain. Dort soll Garweg einige Jahre unter falscher Identität gelebt haben. Dass er den dortigen Bewohnern nicht seine wahre Identität offengelegt habe, bedauere er. Die jüngsten Durchsuchungen dort habe er nie gewollt.